http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1991-10-11/0101
Die Ild war damals die mächtigste Lokomotive Europas. Ihre Abmessungen waren so außerordentlich
, daß sie das Erstaunen der gesamten Fachwelt hervorrief. Aus aller Welt kamen
die Experten angereist um diese gewaltige Maschine zu begutachten. Bei ersten Probefahrten
zwischen Offenburg und Freiburg erreichte die Lokomotive mit ihrem Probezug ohne
Schwierigkeiten 116 km/h.
Man setzte den Tag des Schnellfahrversuches an. Der Versuch wurde auf der Strecke zwischen
Offenburg und Freiburg gefahren und - tatsächlich die Ild erreichte mit ihrem Drei-
Wagenzug die phantastische Geschwindigkeit von 144 km/h. Das war Weltrekord! Er wurde
gefahren auf unserer Hauptbahn! (Q20)
Diese Rekordfahrt war nur möglich, weil die Strecke den damals denkbar höchsten Anforderungen
standhielt. In jenen Jahren wurde die badische Bahn wirklich zu einer Musterbahn
entwickelt und ausgebaut. Im Verbund der deutschen Eisenbahnen war sie zwar eine
kleine, aber sehr feine Bahn!
Es wurden fortlaufend noch stärkere Schienenprofile mit stärkeren Schwellen eingebaut,
da die Lokomotiven immer schwerer und die Züge immer schneller fuhren. Es wurden Weichen
eingebaut, die schneller befahren werden konnten und vielerorts wurden Gleispläne
in Bahnhofsbereichen komplett umgestaltet und betrieblich verbessert. Das Stellwerks- und
Signalwesen entsprach dem allerneuesten Stand der Technik. Bereits damals lief ein Programm
zur Aufhebung von Bahnübergängen und deren Ersatz durch Brücken oder Unterführungen
an. Kurzum, nach damaligen Möglichkeiten war die Hauptbahn zur
»Hochleistungsstrecke« ausgebaut worden.
Auch die Hochbauten wurden den neuen Anforderungen gemäß umgebaut oder sogar neu
erstellt. Dazu wurden viele neue Haltestellen oder Bahnhöfe errichtet. So erhielt z. B. Kön-
dringen seinen Bahnhof, in Emmendingen-Heilanstalt, Gundelfingen, Zähringen usw. wurden
Haltestellen eröffnet.
... und in Kenzingen
Auch der Kenzinger Bahnhof wurde damals
den neuen Erfordernissen angepaßt. Auf
beiden Seiten erhielt das Empfangsgebäude
große Anbauten und die offene Halle
wurde teilweise zugebaut. Treppenhaus und
Wartesaal wurden verlegt und das Gebäude
erhielt sein heute noch charakteristisches
Aussehen. Der Umbau war 1905 abgeschlossen
. Zugleich wurden die beiden Stellwerke
fertiggestellt, die anstelle der nicht
mehr benötigten Wasserhäuser errichtet
wurden. Ein drittes Stellwerk befand sich
im Empfangsgebäude. Kurz danach wurde
das Wohngebäude für den Bahnmeister, das Abb. 14: Wohnhaus des Bahnmeisters gegenüber
zwischen Bahnhof und Postamt lag, zum dem Bahnhof, fertiggestellt im Jahre 1905,
Bezug fertiggestellt. An den Bahnwärter- Zustand im Jahre 1990. Q: M. Freier,
häusern im Bereich von Kenzingen wurden
Stallgebäude erstellt und die Bahnwarte konnten ihre typischen Ziegen halten. Im Jahre
1912 schließlich war der Anbau an der »Güterhalle« vollendet. (Q21)
Auf dem Fahrzeugsektor hatte sich in jenen Jahren viel verändert. Baden wurde nicht nur
für seine Schnellfahrlokomotiven, sondern bald auch für seine gediegen ausgestatteten
Schnellzugwagen weltweit bekannt. Fahrzeuge mit besonders breiten Fenstern, die außerdem
ihres sehr guten Laufeigenschaften wegen beim reisenden Publikum sehr beliebt waren
und deren Entwicklung im Bau von sechsachsigen (!) Schnellzugwagen ihren krönenden
99
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1991-10-11/0101