Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
10. und 11. Jahrgang.1990/1991
Seite: 103
(PDF, 67 MB)
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Deserteuren. Mit Erklärung des Krieges wurde der öffentliche Fahrplan außer Kraft und
durch einen militärischen ersetzt. Da Baden in unmittelbarer Nähe der umkämpften Gebiete
lag, war es verkehrsmäßig von Anfang an stark belastet, so daß der zivile Verkehr
stark eingeschränkt wurde. So fuhren ab Station Kenzingen täglich 3 Züge je Richtung
und dies im Zustand der allgemeinen Streckenüberlastung!

Ab 1915 wurden die ersten Luftangriffe auf Bahnanlagen geflogen. So auch im Bereich
unserer Strecke auf Offenburg und Freiburg, ferner auf Müllheim und Haltingen. Natürlich
waren diese in ihrer Stärke und Auswirkung bei weitem nicht mit jenen des 2. Weltkrieges
zu vergleichen, versetzten der Bevökerung jedoch trotzdem einen tiefen Schock.
Außerdem mußten zunehmend Beamte und Arbeiter nicht nur zum direkten Kriegsdienst,
sondern auch zum Eisenbahndienst in den besetzten Gebieten freigestellt werden. Auch
wurde zunehmend rollendes Material in diese Gebiete abgezogen. Erstmals wurden Frauen
zum Eisenbahndienst herangezogen.

Zufällig oder nicht — das Ende des Krieges wurde in einem Eisenbahnwaggon besiegelt.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Danach begann für Deutschland eine sehr schwierige Zeit, auch für die deutschen Eisenbahnen
. Unzähliges Betriebsmaterial verblieb in den zuvor besetzten Gebieten oder war
dort zerstört worden. Während des Krieges konnten auch die Anlagen in der Heimat nicht
entsprechend unterhalten werden, die über den gesamten Zeitraum ohnehin permanent
überlastet waren. So war der Betriebsapparat am Ende des Krieges total abgewirtschaftet.
Dann kamen noch die Forderungen aus dem Vertrag von Versailles. Etwa 15 °7o der Lokomotiven
, zahllose Personen- und Güterwagen sowie in Gesamtdeutschland etwa 8000 km
Schienen mußten an die Siegermächte abgegeben werden. Daß dabei nur das neueste und
beste Material verlangt wurde versteht sich von selbst. Die eleganten, gediegen ausgestatteten
Schnellzugwagen, auf die man in Baden so stolz war, sie verschwanden alle für immer
auf die andere Rheinseite. Da war es dann vorbei mit der Musterbahn.

Das Reich steckte, hauptsächlich durch die überzogenen Forderungen der Siegermächte,
in schweren Finanznöten. Es gab nur eine einzige sichere Einnahmequelle: die Gewinne
der Eisenbahnen. Die Ländereisenbahnen wurden in das Eigentum des Reiches überführt.
Die zuvor selbständigen Eisenbahnen von Preußen (34.443 km), Bayern mit Pfalz (8.526
km), Sachsen (3.370 km), Württemberg (2.156 km), Baden (1.899 km), Hessen (1.307 km),
Mecklenburg-Schwerin (1.177 km) und Oldenburg (681 km) mit einer Gesamtstreckenlänge
von 53.560 km wurden zur Deutschen Reichsbahn zusammengefaßt.

Die Nachkriegszeit war verwirrend.

Die Siegermächte erstellen den Dawes-Plan, er wird wenige Jahre später durch den Young-
Plan abgelöst; alle Änderungen bedeuten am Ende für die Reichsbahn jedoch immer, daß
sie jährlich 660 Millionen Reichsmark an die Siegermächte als Reparationsleistung abzuliefern
hat.

Das ist auch heute noch viel, aber es ist unvorstellbar viel Geld im Geldwert jener Jahre!
Es ist zudem Geld, daß für dringende Investitionen am Betriebsapparat fehlte. Es war die
Zeit, in der sich die beginnende Konkurrenz von Auto und Flugzeug erstmals auf dem
Verkehrsmarkt abzeichnete. In jenen Jahren wurde durch eine Fehleinschätzung der verkehrspolitischen
Lage seitens der Politik der Grundstein zu einer Entwicklung gelegt, als
dessen momentanes Ergebnis die Deutsche Bundesbahn heute von eben jener Politik als
»Haushaltsrisiko« geführt wird.

Im Frühjahr 1923 gab es zunächst noch einmal eine schwere Betriebsstörung. Im Rahmen
der Ruhrbesetzung wurden im Februar 1923 die Bahnhöfe Offenburg und Appenweier besetzt
. Der Personen- und Güterzugverkehr wurde unterbunden. Außerdem wurden verschiedene
Straßen gesperrt und die Postverbindungen unterbrochen. Im Monat März wurde der

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