Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
10. und 11. Jahrgang.1990/1991
Seite: 123
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Groß war auf allen Gebieten der Nachholbedarf, und er wurde nach und nach gedeckt.
Eingedenk magerer Jahre gab man sich gern der »Freßwelle« hin, der schon bald eine nicht
weniger ausgeprägte, nach und nach breitere Schichten der Bevölkerung erreichende »Edel-
freßwelle« folgen sollte. Dann waren Kinder und Erwachsene, Frauen und Männer es leid,
Lumpen zu flicken und abgelaufene Schuhe immer von neuem zusammenzuschustern; sie
wollten wieder modische Kleidung tragen. Dann wurden die Wohnungen renoviert und
- wie ein Gang durch die Stadt zeigt - schmucke Häuser gebaut. Sogar im sozialen Wohnungsbau
waren abgeschlossene Wohnungen mit Zentralheizung, Bad und Innentoilette
schon bald die Norm. Die Freß-, Kleidungs- und Wohnungswellen wurden seit Ende der
40er Jahre ergänzt von einer Welle privater Motorisierung: Millionen schafften den Übergang
vom Fahrrad zum Mittelklassewagen, oft stufenweise: Fahrrad mit Hilfsmotor, Moped
, Motorrad, Kleinwagen.

Steigende Löhne

Seit den 50er Jahren stiegen die Löhne über
das Niveau der 30er Jahre, zunächst langsam
, dann rascher. Selbst wenn man die
Verluste infolge schleichender Geldentwertung
berücksichtigt, ergibt sich von 1949 bis
1989 weit mehr als eine Verdreifachung, eine
Steigerung von DM 2365 auf über DM
9000.

Steigende Löhne bildeten eine Voraussetzung
für die skizzierten »Wellen«, bescherten
sie doch breiten Bevölkerungsschichten
größere Kaufkraft. Das zeigt sich auch daran
, daß - verglichen mit früheren Jahrzehnten
- für Grundbedürfnisse wie Essen und
Trinken ein geringerer Teil des Familieneinkommens
aufzuwenden war.

Die steigenden Einkommen hatten Folgen
noch in anderen Bereichen. Sicherheitsgründe
und hohe Löhne im Dienstleistungsbereich
legten es nahe, den Lohn nicht mehr
wöchentlich in Tüten auszuzahlen, sondern
monatlich bargeldlos zu überweisen; in Ken-
zingen entstanden Zweigstellen von Banken.
Aus Armen und Hungerleidern war in wenigen
Jahrzehnten ein Volk wohlhabender
Bankkunden geworden.

Ein wahres Reisefieber setzte ein. Voraussetzung
waren Motorisierung, hohe Löhne
bei rückläufiger Arbeitszeit und - nicht zuletzt
- tariflich vereinbarter bezahlter Urlaub
, 1990 immerhin 31 Arbeitstage (zum
Vergleich: in der Schweiz nur 23,5). Wovon
die Generation der Großeltern nicht einmal
hatte träumen können, das galt nun Millionen
als selbstverständlich: Die Urlaubsreise
. Zunächst erkundete man Deutschland,
bald fuhr man auch ins Ausland. Seit einigen
Jahren gönnen sich viele schon mehr

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LOHN-KAUFKRAFT FAST VERVIERFACHT: Als die Bundesrepublik noch jung
war, da waren die Portemonnaies noch dünn. Für ein ganzes Jahr Arbeit
bezogen die Arbeitnehmer 1949 im Durchschnitt 2733 DM brutto. Soviel
verdienen ungelernte Arbeiter heute in einem Monat Deshalb sind die
Arbeitnehmer heute freilich nicht elfmal „reicher" als 1949; denn für die DM
kann man heute nicht mehr so viel kaufen wie damals. Die Kaufkraft eines
durchschnittlichen Jahres-Nettoverdienstes liegt heute bei 9089 DM, also fast
viermal (genau: 3,8mal) so hoch wie 1949. sz

Fig. 2: 40 Jahre Lohn-Geschichte,
Süddeutsche Zeitung 5.5.1989

DAS WARENANGEBOT in den Ost-Regalen sieht inzwischen nicht viel anders
aus als in den West-Regalen. Doch bei manchen Ausgabeposten sind die
Unterschiede noch groß. Besonders deutlich wird das bei den Ausgaben für
Miete, Heizung und Strom. Während westdeutsche Arbeitnehmerhaushalte
hierfür über ein Viertel des Haushaltsgeldes ausgeben, reichen in Ostdeutschland
bisher noch knapp sieben Prozent. sz

Fig. 3: Blick in deutsche Warenkörbe,
Süddeutsche Zeitung 30.7.1991, Nr. 174, S. 19.

als einmal im Jahr eine Urlaubsreise.

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