Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
10. und 11. Jahrgang.1990/1991
Seite: 193
(PDF, 67 MB)
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Bilharz die Bundesfachschule des Konditorhandwerks in Wolfenbüttel (Niedersachsen).
Die Kosten - Kursgebühren, Unterbringung und Verpflegung, Reisen zum Heimatort, Verdienstausfall
während des fünfmonatigen Kurses - schätzt Joachim Bilharz auf etwa 15.000
DM. Da von den angehenden Meistern praktisches Können und theoretisches Wissen verlangt
wird (z.B. im Bereich von Recht und Kalkulation), überlegt sich mancher, ob er die
zusätzlichen Belastungen eines Meisterkurses auf sich nehmen soll.

Ein Blick in die wöchentlich erscheinende »Allgemeine Bäckerzeitung« zeigt, daß tüchtige
Bäcker nicht von Arbeitslosigkeit bedroht, sondern ausgesprochen gesucht sind. Ein
Bäckergeselle verdient im ersten bis dritten Gesellenjahr in der Stunde 18,96 DM; bei 170
Stunden im Monat macht das 3.223,20 DM; dazu kommt ein Zuschlag von 50 Prozent
für Nachtarbeit (vor 4 Uhr morgens), was im Monat etwa 152 DM ausmachen kann, zusammen
also etwa 3.375 DM. Im allgemeinen werden heute außertarifliche Zulagen gewährt
. Ebenfalls nach dem Tarifvertrag mag ein leitender Bäckermeister 3.465 DM im Monat
verdienen. Wie man sieht, ist sein Lohn nicht so viel höher als der des Gesellen. Was die
anspruchsvolle Prüfung attraktiv macht, ist die Tatsache, daß man anschließend selber
einen Meisterbetrieb und Lehrlinge ausbilden kann.

Die Arbeitszeit beträgt in der Firma Bilharz noch vierzig Stunden. Die Bäcker beginnen
ihre Arbeit morgens um vier Uhr, samstags um Mitternacht, da dann das Nacht-Back verbot
nicht gilt. Viele junge Leute schreckt die ungewöhnliche Arbeitszeit; sie übersehen die freie
Zeit mitten in der Woche: Am Dienstagmittag verabschiedet sich der Bäcker, um erst am
Donnerstag in der Frühe seinen Dienst wiederaufzunehmen.

Ein vielseitiger, anspruchsvoller Beruf

Bis um 6.30 Uhr sind Brot und Kleingebäck abgebacken; dann öffnet auch das Geschäft
(bis um 18.30 Uhr, samstags bis um 15 Uhr). Die frühe Öffnungszeit erklärt sich damit,
daß mancher zum Frühstück frische Brotwaren auf dem Tisch haben möchte. Während
die Tageszeitung noch von Boten frühmorgens zugestellt wird, verteilen die - derzeit fünf
- Kenzinger Bäckereien morgens keine Brötchen mehr.

Die Lage an der Hauptstraße beschert dem Betrieb Nach- und Vorteile: Das ununterbrochene
Verkehrsgetöse - durchschnittlich 16.000 Kraftfahrzeuge am Tag mit weit höheren
Spitzen, wenn die Autobahn gesperrt ist - zerschneidet die Stadt in zwei Hälften; oft hat
man Mühe, von der einen zur anderen Seite der Hauptstraße zu kommen. Trotzdem beurteilt
Bernhard Bilharz die Lage seines Betriebes innerhalb der Stadt als gut, bedauert nur
die geringe Zahl von Parkplätzen.

Schwierigkeiten ergeben sich aus der Weiterentwicklung von Supermärkten (derzeit in Ken-
zingen fünf), die Brot-, Käse-, Fleisch- und andere Spezialitäten pflegen, ferner durch die
Gesetzgebung: Kleine Geschäfte haben Mühe, sich veränderten Ladenöffnungszeiten anzupassen
, etwa durch Schichtwechsel.

Zu den Lichtseiten gehören für Bilharz die Vielseitigkeit seines Berufes und der heilsame
Zwang, aufgeschlossen zu sein für neue Entwicklungen. Das betrifft den technischen Bereich
, vor allem aber Wünsche der Kunden. Zu den sozialen Errungenschaften, die er bewußt
erlebt hat, zählt für Bernhard Bilharz in erster Linie die Überwindung der Armut
seit den 1950er Jahren; Bilharz erklärt diesen Fortschritt mit dem Ausbau der Sozialversicherung
. Als wichtigste soziale Errungenschaft für sich selber wertet er die Tatsache, daß
er - ebenfalls seit Mitte der 50er Jahre - Urlaub machen kann. Nach Absprache mit den
Beschäftigten und mit den anderen Bäckereien ruht der Betrieb heutzutage drei Wochen
lang, die 1991 auf zwei Termine verteilt waren.

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