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Bei der Sparkasse Kenzingen machte sich die Krise ab 1931 neben Firmenzusammenbrüchen
und Grundstückszwangsversteigerungen durch einen starken Rückgang der Einlagen
bemerkbar, der jährlich bei bis zu 10 °7o lag. Zwar signalisierten die Zahlen auf Ende 1933
bereits den tiefsten Stand, doch war der Einbruch so schwer, daß die Rückgänge der Gesamteinlagen
und darunter besonders der Spareinlagen erst 1937 wieder wettgemacht werden
konnten. Der Rückgang der Ausleihungen allerdings war bis zum Beginn des II.
Weltkrieges und damit bis zum Ende der Reichsmarkzeit nicht mehr auszugleichen. Doch
dies hatte besondere Gründe, auf die noch einzugehen sein wird.
Wie bereits dargelegt, haben von Anfang an die Einwohner der Gemeinden des Amtsbezirks
Kenzingen von den Einrichtungen der Sparkasse Gebrauch gemacht. Es war daher
ein naheliegender, zunächst mit gewissen Schwierigkeiten verbundener, letztlich aber weitsichtiger
Entschluß der Gemeinden Amoltern, Bombach, Broggingen, Hecklingen, Niederhausen
, Nordweil, Oberhausen, Riegel, Tutschfelden, Wagenstadt und Weisweil, dem
Gewährverband der Sparkasse Kenzingen beizutreten. So kam es im Jahre 1936 zur Umwandlung
der bisherigen Städtischen Sparkasse in eine Bezirkssparkasse. Heute stehen im
Bereich der Geschäftsstelle Kenzingen der Sparkasse Nördlicher Breisgau nur noch zwei
Gemeinden außerhalb des Gewährverbandes.
Die bereits angedeutete schwache Entwicklung der Jahre bis 1938 ließ die Spareinlagen
bis zu diesem Jahr lediglich auf 5,3 Millionen Reichsmark ansteigen, bei jährlichen Zuwachsraten
, die meist nur zwischen 1 und 3 % lagen. Noch schlechter sah es - wie bereits
erwähnt - bei den Ausleihungen aus. Sie betrugen 4,2 Millionen Reichsmark im Jahre 1938;
vorausgegangen waren Jahresrückgänge bis zu 3 %.
Der Grund für die damalige relativ schlechte Gesamtentwicklung der Sparkasse Kenzingen
ist eindeutig geopolitischer Natur. Von Seiten der badischen Regierung war die Reichsregierung
bereits 1933 auf die Grenzlandnot Badens hingewiesen worden, doch ohne Erfolg.
Man hatte in Berlin andere Pläne. Sicherlich waren die ersten Maßnahmen zur allgemeinen
Belebung der Wirtschaft nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begrüßenswert
. Doch bald ging die Wirtschaftspolitik über das »Ankurbeln zur Konjunkturbelebung
« hinaus und steuerte zielbewußt auf die Aufrüstung, also auf die Kriegswirtschaft
zu. Dabei wurde Baden seine Grenzlage - das Elsaß war 1918 wieder französisch
geworden - zum Verhängnis. Die Reichsregierung gab schon 1934 die Anweisung heraus,
daß entsprechende Aufträge nicht nur nicht in das Grenzland gegeben werden durften,
sondern daß sogar für die Rüstung brauchbare Industrien in das Reichsinnere verlegt werden
sollten. Daß sich auch andere Industrien unter diesen Umständen nur zögernd in Baden
- insbesondere in Südbaden - niederließen bzw. bereits bestehende Betriebe nur selten
erweitert wurden, war nur zu verständlich. Wer wollte dies schon - bei den sich immer
mehr anspannenden politischen Verhältnissen - im Bereich der Geschütztürme der Magi-
notlinie tun?
Der nach Mitte der 30er Jahre begonnene Bau des Westwalles wurde daher in jener Zeit
von manchem gar nicht so ungern gesehen. In einem Geschäftsbericht unserer Sparkasse
aus jenen Jahren wird dies so angesprochen: Es darf unumwunden gesagt werden, daß
der Bau der Westbefestigungen mit seinen Verdienstmöglichkeiten und mit der Kaufkraft
der dort Beschäftigten in Verbindung mit den Vergütungen für deren Unterbringung viel
Not überbrücken half
Doch war dies letztlich alles andere als ein tatsächlicher wirtschaftlicher Aufschwung —
denn am Ende stand der Krieg.
II. Weltkrieg und Nachkriegszeit bis zur Währungsreform 1948
Mit Ausbruch des II. Weltkrieges war der Geschäftsbezirk der Sparkasse Kenzingen Frontgebiet
geworden. Vorübergehend wurde die Grenzzone am Rhein entlang geräumt. Wesent-
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