Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
10. und 11. Jahrgang.1990/1991
Seite: 215
(PDF, 67 MB)
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Unterkünften. Erst nach der Währungsreform begann der eigentliche Wiederaufbau, dann
aber mit einer Intensität, die heute kaum mehr vorstellbar ist. Es war dies eine ungeheure
Leistung der damals tätigen Menschen in Deutschland.

Kriegszerstörte Gebiete bedeuten für die Geschäftstätigkeit einer Sparkasse zum einen einen
besonders hohen Kreditbedarf für den Wiederaufbau, zum anderen, daß aus diesen
Gebieten für längere Zeit nicht mehr mit wesentlichen Spareinlagen zu rechnen ist. Es flössen
bei der Sparkasse Kenzingen zunächst aber weder Spareinlagen aus den zerstörten Gebieten
, noch aus den anderen Teilen des Geschäftsbezirks. Die Spareinlagen nahmen bis Ende
1949 sogar um 12 °7o gegenüber dem Umstellungsbetrag ab. Bedenkt man, wie es den
Sparern ergangen ist, kann man darüber kaum verwundert sein. Wieder einmal waren es
die Giroeinlagen, die - wie 1923 - der Sparkasse nach der Währungsreform den »Start«
erleichterten, ja überhaupt ermöglichten. Sie haben in derselben Zeit um 96 °7o zugenommen
.

Die Sparkasse mußte alles daran setzen, die nun schon zweimal innerhalb einer Generation
enttäuschten Sparer in ihrer ganzen Breite wieder zurückzugewinnen. Dies war nur
durch außerordentlich vorsichtige und einfühlsame Werbung möglich. Rückblickend kann
man feststellen, daß auch nach schwersten Krisenzeiten, die die Sparkasse ja nicht zu verantworten
hatte, das Vertrauensverhältnis zur Bevölkerung immer wieder hergestellt und
erhalten werden konnte. Auch nach der Währungsreform 1948 war es letztlich den Menschen
bewußt, daß das Sparen als Mittel der Selbstvorsorge gegenüber den Wechselfällen
des täglichen Lebens und zur Vermögensbildung unabdingbar ist.

So trat in der Spareinlagenentwicklung bald eine Wende ein, die man in der Rückschau
als das »Zweite-deutsche Sparwunder« bezeichnen kann. Bei der Sparkasse Kenzingen waren
in den folgenden Jahren Jahreszugänge bis zu 27 °/o zu verzeichnen. In DM ausgedrückt,
haben sich die Spareinlagen vom Umstellungsbetrag mit 1,3 Millionen auf 4,5 Millionen
im Jahr 1955 erhöht, fast eine Vervierfachung des Bestandes.

Die wieder fließenden Spareinlagen machten es der Sparkasse möglich, auch wieder im
Darlehensgeschäft tätig zu werden. Doch sie hätten bei weitem nicht ausgereicht, den Kreditbedarf
- insbesondere in den zerstörten Gemeinden - zu decken. Wie nach der Inflation
1923 gab es auch bald nach der Währungsreform 1948 zinsgünstige zentrale Kreditaktionen
, insbesondere aus »ERP-Mitteln« (ERP = European Recovery Program) im Rahmen
des »Marshall-Planes«, genannt nach dem US-Außenminister (von 1947 bis 1949) George
Marshall, dem Initiator dieses Planes. Diese amerikanische Finanzhilfe hat höchste Bedeutung
für den Wiederaufbau des zerstörten Europa erlangt, auch wenn sie, hinsichtlich
ihrer Größenordnung für Deutschland, heute manchmal etwas überschätzt wird. Vielleicht
kam es letztlich auch weniger auf die Höhe der materiellen Hilfe an - so bedeutsam diese
sicherlich auch war -, sondern mehr auf die Tatsache einer Hilfeleistung an sich; dies mit
der Wirkung einer Initialzündung für den bereits erwähnten »Start«. Es wurden Signale
gesetzt, die in Deutschland damals verstanden wurden. Bundeskanzler Kohl im September
1991 vor Professoren und Studenten der Universität von Kalifornien: Mehr noch als
der wirtschaftliche Effekt war es der schöpferische Funke, der von Amerika aus mit dem
Marshall-Plan vor über 40 Jahren auf Europa und auf Deutschland übersprang.

Doch auch für das Kreditgeschäft der Sparkasse Kenzingen waren die zentralen Kreditaktionen
von erheblicher Bedeutung, schon im Hinblick auf die zunächst noch nicht ausreichenden
Mitteln aus Einlagen. So betrug im Jahre 1950 der Anteil der Mittel aus genannten
Aktionen an den langfristigen Ausleihungen 66 °Io und im Jahre 1954 immer noch 29 %.

Die enorme gesamtwirtschaftliche Entwicklung der Zeit zwischen der Währungsreform
und der Mitte der 60er Jahre zeigt sich auch in der Geschäftsentwicklung der Sparkasse
Kenzingen. Zwischen 1948 und 1964 ist das Gesamtgeschäftsvolumen von 2,2 Millionen
auf 27,7 Millionen DM angestiegen, die Bilanzsumme ist somit um mehr als das zwölffache
(!) gewachsen.

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