Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
12. und 13. Jahrgang.1992/1993
Seite: 78
(PDF, 46 MB)
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und ins Ausland zogen. Wiederholt geleitet Burger Einzelne oder Gruppen von Menschen
auf die Schwarzwaldhöhen, etwa im Bereich des Turners. Er selber verbringt gelegentlich
»umb bessere Erhaltung willen« vier Wochen im Kloster Friedenweiler; von hier aus spürt
er »vil geflehnte [geflüchtete], versteckte und verborgene«, Tennenbach gehörende Sachen
auf (412 f.); als wertvollsten Schatz macht er »unser uralt pergamenten Urbarium«15 ausfindig
, über das sein Abt in Wettingen sich mehr gefreut habe, als hätte Burger ihm 300
Dukaten16 geschickt.

Freund und Feind waren den Bewohnern meist gleichermaßen verhaßt: Die Soldateska lebte
aus dem Land, gönnte dem Gegner nicht, irgendwelche Vorräte zu finden und machte -
zumal von ihrem Winterlager aus - Plünderungszüge, aus dem Breisgau z.B. bis weit nach
Schwaben (509); zerstört wurde, was man nicht mitnehmen konnte, z.B. noch oder wieder
bebaute Felder, damit die Ernte nicht etwa dem Feind zugute käme. Bezeichnend sind Formulierungen
in einem Schutzbrief, den Burger sich im September 1641 für das Tennenbach
unterstellte Dorf Kiechlinsbergen von d'Oisonville geben läßt (422 ff.): Alle Einwohner,
Diener und Angehörige samt Haus, Hof und Vieh, Gütern, Gefällen, Zehnten, Weihern,
Wäldern, Feldern, Weiden und allem Zubehör sollen geschützt sein vor »Raubmachen,
Brand, Mord, Exactionen [erpreßte Abgaben), wie die genandt und erdacht mögen werden
«; zu Hause und auf dem Feld, bei Ackerbau, Gewerbe und Handel sollen die Menschen
»durchaus gänzlich unangefochten verbleiben«, auch sollen sie nicht mit eigenwilliger
Einquartierung belästigt werden können... Im Erdenken von Folterqualen und Verwüstungen
war man schon zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges überaus erfinderisch17.

Schutzbriefe waren so viel wert wie die Macht dessen, der sie ausgestellt hatte. Zwar mochten
regelmäßig besoldete Krieger weniger zu Raub und Erpressung versucht sein; doch immer
wieder trugen Einzelne und Gruppen, die sich selbständig gemacht hatten, mit Brand und
Mord zur weiteren Entvölkerung von Landstrichen bei, die durch Flucht, Krieg und Seuchen
schon einen großen Teil ihrer Bevölkerung eingebüßt hatten18.

Unsicherheit und Nahrungsmangel hatten viele Menschen in Gegenden getrieben, in denen
es sich nach dem Hörensagen noch leben ließ. Infolgedessen verwahrlosten auch im
Breisgau viele Gehöfte und die meisten Klöster. Wie es dann Jahrzehnte später aussehen
konnte, schildert Burger seinem Abt, den er 1647 zu bewegen sucht, endlich wieder nach
Tennenbach überzusiedeln, damit man dort resolut an den Aufbau gehen könne (606 f.):
Nach fünfzehn Jahren drohen Dächer und Gewölbe einzufallen, Ställe, Öfen, Hütten,
Säge, Gartenhaus und anderes liegen »gar darnider«; die Gärten voll wilder Büsche »und
so großer wilder Bäum, daß sie mehrentheils Menschendicke, und so hoch, daß sie an vil
Orten über die Dächer sich erstreckten, also daß man die Dächer nit sehen khondt«. Rings
ums Kloster nicht anders; man habe es vor lauter Bäumen und Gebüsch erst gesehen, »wenn
man hart darzue kham«. Die Fenster, mit Ausnahme weniger in der Kirche, zerschlagen,
das Blei gestohlen; gestohlen auch - wie Burger in anderem Zusammenhang festhält - Türschlösser
und weiteres Eisenwerk, Glocken und Orgelpfeifen. Für Diebstahl und Schäden
macht Burger allerdings nicht nur die Soldateska, sondern auch markgräflich-lutherische
Bauern verantwortlich. Tennenbach lag als katholische Enklave inmitten evangelischer Gebiete
; der Haß zwischen den Konfessionen spitzte den traditionellen, sich an Höhe und
Art der Abgaben immer wieder neu entzündenden Gegensatz zwischen Bauern und Kloster
noch weiter zu; 1660 wurden sogar die katholischen Bauern in Kiechlinsbergen gegen
ihre Obrigkeit, Abt Hugo von Tennenbach, »rebellish« (C 207)!

Wonnental zu Anfang der 1640er Jahre

Wild wachsende Bäume, um deren Rodung Burger sich nach seiner Übersiedlung in den
Breisgau mühte, hatten auch ihr Gutes, da sie das Kloster verbargen. Verglichen mit Tennenbach
war Wonnental weit mehr gefährdet: Wer über eine der verkehrsreichsten Straßen
im Oberrheingebiet zog, die heutige Bundesstraße 3, sah das Kloster vor sich. Man kann

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