Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
12. und 13. Jahrgang.1992/1993
Seite: 86
(PDF, 46 MB)
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ob dem Kopff zuesamen schluegen«, geht er hinaus. Der Capitain, der weder Deutsch noch
Lateinisch spricht, fleht ihn auf Französisch an, ihm sein Leben zu retten, ihn im Kloster
zu verstecken, bis er »Pardon« bekomme, amnestiert werde. Burger meint, am Verbergen
solle es nicht fehlen, doch habe man im Kloster nichts zu essen. Der Offizier versichert,
»er wöll nit mit uns, sunder wir müessen mit ihm essen.« Er habe fünf Diener und sieben
Pferde, die sollten ihm heimlich Proviant bringen. Neuer Einwand: Es gebe kein
freies Bett. Der Flüchtling will mit »ein Banckh und ein Glotz under den Kopff« zufrieden
sein.

Dem Capitain wird also in Burgers »Beichtstüblin« auf der Bank ein Lager zubereitet;
vier Wochen lang reichen »ein Pfulben under den Leib und ein Kopffküsselin under den
Kopff« sowie der Offiziersmantel als Decke. Die Verproviantierung klappt wie vorgesehen
: Capitain, Nonnen und Burger kommen in den Genuß von Brot, Wein, Butter, Salz,
Butterschmalz und - da Fastenzeit ist - Stockfisch.

Eines Tages erscheinen vier französische Offiziere in der Kirche, als Burger gerade mit der
Messe angefangen hat; auf dem Chor kniet, wie gewöhnlich inmitten der Klosterfrauen,
der Capitain. Der erkennt gleich seine Widersacher aus Endingen, die ihm nach dem Leben
trachten. »Ganz still, wie die Closterfrauwen pflegen«, verläßt er den Chor und schließt
sich in Burgers Stüblin ein. Nach der Messe erkundigen sich die Fremden nach einem so
und so gekleideten, so und so aussehenden Offizier, der zwei erstochen habe. Burger wiegelt
ab: Er könne nicht sagen, wer alles im Laufe der Zeit zu ihnen gekommen sei.

Die Offiziere geben sich zufrieden, auch deshalb, weil sie sich mit Burger auf Französisch
verständigen können; da Fastenzeit sei und es keinen französischen Priester in der Gegend
gebe, solle Burger ihnen die Osterbeichte abnehmen. Der erhält »reiche Beichtpfennig«27,
einmal einen Dukaten, sonst einen Taler. Weitere Franzosen kommen aus Endingen nach
Wönnental zur Osterbeichte oder lassen Burger zu diesem Zweck nach Endingen bzw. Ken-
zingen rufen. Mit dem Beichtgeld kann er sich von Kopf bis Fuß neu einkleiden.

Nach vier Wochen gelingt es den Freunden des Capitain, für diesen den erwünschten »Pardon
« zu erwirken. Der Vorgesetzte des Capitain macht Burger ein Kompliment: Man werde
in ganz Frankreich keinen Geistlichen finden, der zu einem vergleichbaren Werk der
Barmherzigkeit bereit sei. Burger, der zum Dank »etwas heuschen« soll, verweist auf die
große Not im Kloster; solange man den Capitain beherbergte, habe man zu essen gehabt.
Der Oberst spendiert daraufhin Burger ein reiches Frühstück und läßt einen großen Sack
mit Brot, Dörrfleisch und Speck zum Kloser schicken. Burger meint, durch diese Aktion
»under allem Volck« bekannt geworden zu sein; wiederholt seien Offiziere nachts mit Wein,
Fleisch und Brot zu ihm nach Wönnental herausgekommen, sofern sie ihn nicht nach Endingen
eingeladen hätten; »und muest ich lustig mit ihnen sein«.

Zwischen Krieg und Frieden...

Im Frühjahr 1643 durchlebte man »solche gefährlich und armseelige Zeiten«, daß der Konvent
sich einmal mehr auflöste (514 f.): Drei Schwestern gingen ins Exil, zwei für ein Jahr
in die Schweiz, eine für zwei Jahre nach Tirol; nach den von Burger gebrachten Konventslisten
(z.B. C 175), stammten mehrere Schwestern aus Luzern; solche Bindungen dürften
sich in Notzeiten bewährt haben. In Wönnental blieben nur die Äbtissin und zwei
Schwestern. Seit 1645 entspannte sich die Lage etwas: Im Oktober dieses Jahres kehrte
die Subpriorin aus der Schweiz zurück; im Dezember visitierte Abt Bernhard von Tennenbach
erstmals das Kloster Wonnental (596 f.). Als mehr und mehr Friedensgerüchte durchs
Land gegen, hielt Burger es nicht länger in dem relativ ruhigen und gesicherten Wonnen-

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