Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
16. Jahrgang.1996
Seite: 24
(PDF, 45 MB)
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telang hatte man zum Süßen der Speisen praktisch nur Honig, der zudem als Heilmittel bei der
Wundbehandlung diente.

Die Abgaben und weitere, manchmal versteckte Hinweise zeigen, daß den Menschen eine vielfältige
, gesunde Nahrung zur Verfügung stand, die auch Vitamine und Spurenelemente enthielt:
kohlehydratereiches Getreide, tierisches und pflanzliches Eiweiß (z.B. Fisch sowie Erbsen,
wenn diese auch nicht unter Kenzingen erwähnt sind), Gemüse und Obst (aus Gartenbau
erschließbar), Nüsse, Wein.

Gelegentlich begegnen uns auch gewerbliche Produkte, z.B. Leinen, aus Kenzingen Salz; das
Güterbuch erwähnt wiederholt einen (nur einen?) Salzweg im Breisgau, über den dieses
lebensnotwendige Gut, gleichzeitig Gewürz und Konservierungsmittel, wohl aus der Ferne,
z.B. aus Lothringen, herangeführt wurde.

Das Nebeneinander von Geld- und Naturalabgaben hatte Vor- und Nachteile: man mußte jedesmal
die Qualität kontrollieren, weshalb es oft heißt „ohne List und Trug", „ohne Schaden für
uns". Zudem hatte das Kloster die Last der Veräußerung (z.B. über die Brotbank in Kenzingen
). Vorteile der Naturalwirtschaft haben die Älteren von uns in lebhafter Erinnerung: vor der
Währungsreform (1948), als das Geld nicht viel wert war, schätzte sich glücklich, wer
Anspruch auf Naturalien, Holz, Kohlen u.ä. hatte. Feste Naturaleinnahmen waren willkommen
bei abrupten Preissteigerungen; nach einer Mißernte oder während eines Krieges konnte sich
der Preis für Brotgetreide innerhalb kurzer Zeit vervielfachen. Wahrscheinlich ist das Kloster
beim Aushandeln bzw. Festsetzen der Abgaben auf Wünsche des Abgabepflichtigen eingegangen
, doch hat es dabei sicher auch die längerfristige Entwicklung im Blick behalten: eine
Mischung von Abgaben in Geld und Naturalien war zwar mühsamer zu verwalten, doch lief
auch sie auf eine Risikostreuung hinaus und bedeutete eine Vorsorge für immer wiederkehrende
Notzeiten; zudem dürften viele lieber Naturalien als Geld geliefert haben.
Tennenbach hatte oft auch selber Abgaben zu leisten, an Herrschaften, andere Klöster oder an
einzelne Personen, dann nämlich, wenn die jeweilige Liegenschaft nicht lastenfrei hatte erworben
oder lastenfrei gemacht werden können. - Solche Leistungen werden nicht unter Kenzingen
, wohl unter anderen Orten erwähnt, z.B. Herberge für Mönche, Transportfuhren, nicht selten
für Dung in Weinberge.

Seufzer aus Muri

Zu den Benediktinerklöstern, die im Breisgau und im Elsaß Reben besaßen, gehört Muri, südlich
des Hochrheins gelegen, etwa 130 km von Kenzingen entfernt. Aus der Mitte des 12. Jahrhunderts
erfahren wir wertvolle Einzelheiten, doch zunächst Klagen: Die Satzung über den
Weinbau (constitutio cultus Vitium) sei „oft abgeschafft und ebenso oft wieder erneuert worden
, denn sooft wir selbst den Anbau betreiben mußten, konnten wir nicht durchhalten. Aber
ob wir selbst oder die Bauern den Anbau betreiben, auf alle Fälle gedeiht es alles nur bei viel
Arbeit und bedarf größter Sorgfalt und Pflege. Wenn wir nun anbauen wollten, könnten wir
nicht durchhalten. Wenn aber die Bauern die Weinberge besorgen, betreiben sie alles nachlässig
und eignen es sich mit Lug und Trug an und zehren zusammen mit Weib und Kind die festgesetzten
Abgaben selbst auf"10. Die Satzung nennt mit „viel Arbeit, größte Sorgfalt und Pflege
" Rahmenbedingungen erfolgreichen Wirtschaftens; unverblümt spricht sie das Dilemma
aus, dem gegenübersteht, wer auf fremde Hilfe angewiesen ist.

Im folgenden werden Arbeiten des Winzers zusammengestellt, wie die Satzung aus Muri sie
festhält (mit * kenntlich gemacht); Ergänzungen wurden einer jüngst erschienenen Arbeit zu
Ebringen " entnommen (mit ** kenntlich gemacht), die sich zwar auf Quellen aus der frühen
Neuzeit stützt, doch dürften die Beobachtungen aus Muri und Ebringen auch für den Weinbau
in Kenzingen gelten. Eine Ungenauigkeit - Orientierung mancher Arbeiten am Oster- bzw.
Pfingstfest, die über fast fünf Wochen schwanken können - darf man vernachlässigen. Der
Winzer braucht, mehr noch als andere Bauern, ein Gespür für die rechte Witterung, die sich
nicht streng nach dem Kalender richtet.

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