http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1996-16/0058
Abhaltung von landwirtschaftlichen Festen schmackhaft zu machen. Die Bauern sollten möglichst
zahlreich dazu erscheinen, ob das Fest nun - wie 1838 - in Freiburg, in Karlsruhe oder
wie 1827 noch auf Bezirksebene in Staufen stattfand3. Nach den anfänglichen Erfolgen legte
sich die Begeisterung bald wieder, obwohl versucht wurde, "den jungen Leuten Vergnügen zu
bereiten". Die Bauern empfanden es aber als zusätzliche Belastung, mit ihren Wagen und
Gespannen, beladen mit selbsterzeugten Produkten, anzureisen. Vom Landwirtschaftlichen
Wochenblatt waren sie ebenfalls nicht besonders angetan - zumal vielen das Lesen große
Schwierigkeiten bereitete -, und dem landwirtschaftlichen Amtsverein traten in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts auch nur wenige bei.
Rückständigkeit und Aufklärung
Auf solchen Festen, die man heute eher als landwirtschaftliche Messen bezeichnen würde,
kamen jedoch nicht nur die Bauern zu Wort, sondern auch die Winzer. Wohl machte das Rebgelände
in Baden nur 3,2 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus, aber rund 8 % der Bevölkerung
waren im Weinbau tätig4. Mit der Ablösung des Zehnten verstärkte sich die Motivation
der Winzer, weiteres Rebgelände zu bewirtschaften, sich für höheren Ertrag und Veredelung
der Rebsorten einzusetzen. Man darf sich die damalige Situation im Weinbau keineswegs so
geordnet vorstellen wie heute; es wurde zwar viel Aufklärung betrieben, um die Rebbesitzer
zur Normierung und Verbesserung ihrer Traubensorten zu bringen, aber manchmal war es
schwer, den Weinbauern Neuerungen nahezubringen. Am Kaiserstuhl wurden noch überwiegend
"Elbling, gemeine Mosttrauben, sogenannte Hinsch und SyIvaner" angepflanzt, in der
ehemaligen Markgrafschaft Hachberg ebenfalls viele geringe Sorten wie Elbling, "weiße und
blaue Hinsch", weiße und blaue "Klefner" sowie weiße "Klepser oder Räuschlinge"\ Einige
Privatleute - Bürgermeister und Pfarrer aus Emmendingen, Broggingen und Köndringen -
pflanzten schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts edlere Sorten an, wie zum Beispiel "röthli-
che und blaue Gutedel, Traminer, Ruländer, die bey uns Speierer heissen, weiße und blaue
Muscateller"6'. In Kenzingen überwogen noch die sogenannten Mosttrauben, auch wenn sich
einige Winzer Mitte der 30er Jahre bereits mit der Anpflanzung von edleren Rebsorten befaßten
. Der Landwirtschaftliche Verein setzte sich zu dieser Zeit verstärkt für die Anlegung von
Rebschulen ein, um die Veredelung voranzutreiben und die schlechteren Rebsorten auszurotten
. Wie aus einer Aufstellung anläßlich des Landwirtschaftfestes von 1838 hervorgeht, handelte
es sich bei den Weinproduzenten in Kenzingen noch überwiegend um Privatleute, die sich
im Weinausbau versuchten, um Pfarrer, Amtschirurgen und Wirte, die dort ihre Produkte vorstellten7
. Zwei "Profis" gab es jedoch, die sich intensiv mit der Veredelung befaßten: den Handelsmann
Mayer aus Kenzingen und Graf Hennin aus Hecklingen. Auf sie traf sicher zu, was
anläßlich des landwirtschaftlichen Festes 1838 von offizieller Seite festgestellt wurde8:
"Es kann nur sehr angenehm seyn, hier öffentlich sagen zu können, daß ein sehr reges
Interesse an der Verbesserung und Veredelung des Weinbaues erweckt wurde, und nun im
Oberrheinkreise dem Weinbau weit mehr Aufmerksamkeit zugewendet wird, als früher.
Manche althergebrachten schädlichen Gewohnheiten werden beseitigt, Vorurtheile verschwinden
, die schlechten Rebsorten machen den bessern Platz."
Versuche auf neun Ar
Anfang der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts zählte der Kenzinger Wein jedenfalls noch nicht zu
den erwähnenswerten Qualitätsweinen:
"Unter den weißen Weinen ist der Markgräfler, Ortenauer, Bergsträßer, Wertheimer und
Tauberwein der berühmteste. Zu den theilweise geringen Sorten gehören die Kaiserstuhler
und Bruhreiner Weine. Der Affenthaler, der Zeller und der Grenzacher sind die besten
rothen Weine im Lande. Große Verdienste sammelt sich der landwirtschaftliche Verein
wegen Verbesserung des Weinbaues durch Abgabe von edlen Rebsorten. Es wurden allein
im Mittelrheinkreis in den letzten drei Jahren über 338.500 Stück Wurzelreben abgegeben "9.
56
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1996-16/0058