Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
17. Jahrgang.1997
Seite: 12
(PDF, 31 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1997-17/0014
„Siehe, ich mache alles neu" - so lese ich es in der Bibel. „Himmel", das ist der totale
Mensch in der von Gott geschenkten Verwirklichung seines Wesens, nämlich im gelungenen
Hinüber und Herüber der Begegnung mit dem anderen ganz er selbst sein zu dürfen. Weil ich
an den Himmel glaube, der diese arme Welt überspannt und ihr letzte Zukunft verspricht, darum
kann ich die in dieser Perspektive und unter dieser Verheißung stehende Welt lieben.
Das alles betrifft natürlich nicht nur meine Einstellung zu dem, was jetzt unser Thema ist.
Aber ich wollte von dieser Grundeinstellung sprechen, die übrigens angesichts des Zustandes
dieser Welt und dem, was mir täglich begegnet, schwer und machmal überschwer durchzuhalten
ist, die mich aber in den guten Stunden meines Lebens wach und anspruchsvoll macht und
manchmal sogar unersättlich, dies zu tun: mich nicht auf das Lotterbett einer faulen Existenz
zu legen und den „lieben Gott einen guten Mann" sein zu lassen, indem ich mich des Himmels
morgen tröste und dann womöglich irgendwann doch verzweifle und meine, daß der
Himmel erst am St. Nimmerleinstag anbrechen wird. Ich versuche vielmehr, hier im „Vorletzten
" ein Stück wenigstens dieser letzten Wirklichkeit mit meinen so menschlichen und begrenzten
Möglichkeiten zu praktizieren. Und so suche ich Stellen zu schaffen, wo im kleinen
Glück letztes Glück erahnbar wird, wo in der Erfüllung kleiner Wünsche und Hoffnungen der
Mut zu einer letzten Hoffnung wieder wachsen kann, wo in der Freude dieser Welt letzte
Freude schon vorab ein bißchen verkostet wird. Und - zu unserem Thema gesagt und ganz gewiß
nicht so leichtfertig gemeint, wie es vielleicht dem einen oder anderen klingen mag - über
Gott und den Himmel braucht man dann nicht nur kluge Worte zu machen, auch ein gelungenes
, wohlabgestimmtes Mahl in gemeinsamer Freude genossen, spricht von Gott und dem
Himmel, und dann liegen Küche und Sakristei nicht weit voneinander.

Solche Antizipation vom Letzten im Vorletzten und die Erfahrung, daß ein Größeres zum
Vorschein kommen kann, wenn man nur die Augen aufzumachen versteht, dies macht es dann
möglich, ganz in der Gegenwart zu leben, sie in ihren Möglichkeiten auszukosten, ohne sich
darin zu verlieren.

Man freut sich all' dessen und ist doch in seinen Sehnsüchten, Hoffnungen, Wünschen und
Träumen über die Gegenwart hinaus. Man weiß dann auf dem Wege dort einzukehren, wo einem
der Tisch jetzt gedeckt ist; aber man bricht auch wieder auf, selbst wenn es manchmal
schwerfällt! Das kann ein Lebensprogramm werden, mit aller Kraft und Fantasie solche Stellen
zukunftseröffnender Gegenwart zu schaffen. Dazu will der Glaube befreien zum Gestalten
solcher „zukunftserfüllter" Gegenwart - und zwar in allem!

Es wäre töricht, in diesem Zusammenhang nur von Essen und Trinken, von der Gastlichkeit
und vom gelungenen Fest zu reden. Die politischen und gesellschaftlichen Implikationen
wären wesentlicher und auch mir wichtiger.

Und da könnte es geschehen, daß - sollten Sie bis hierhin mir mit Zustimmung gefolgt sein -
unsere Wege sich jetzt trennen; aber ist es nun indiskret zu erwähnen, daß es zu einer glücklichen
Erfahrung meines Umgangs mit anderen gehört: da waren wir gastlich beim Mahl beisammen
und da sind wir - obwohl wir nicht einer Meinung sein konnten - dennoch eines Herzens
geblieben; und da sage einer, Essen und Trinken in Gastlichkeit habe nichts mit dem
„Himmel" zu tun! Und lassen Sie mich jetzt abschließend nicht verhehlen, sondern froh bekennen
: für mich war und ist oft und oft die geglückte offene Kommunikation beim Essen
und Trinken und in festlicher Gastlichkeit eine Stelle geworden, wo im Vorfeld meiner letzten
Hoffnung dies zu einer „Signatur des Himmels" geworden ist.

Zu solchen Erfahrungen möchte ich Sie einladen! - „Gelegenheitsmacher" für solche Erfahrungen
zu sein, was gibt es Schöneres?

Wenn Sie den Eindruck hatten, daß ich zeitweilig das Rednerpult mit der Kanzel verwechselt
habe, so bitte ich dafür nicht um Entschuldigung: wer den Theologen zu Wort kommen läßt,
darf sich nicht wundern, wenn er sich Elemente von Predigt einhandelt.

12


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1997-17/0014