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gerade noch einen gemeinsamen Weg gegangen, so können wir anhand der Benennungen der
Futterrübe auch noch zwischen diesen beiden Ortschaften unterscheiden, denn die Futterrübe
ist in Kenzingen eine Diirlips, in Hecklingen eine Dickrübe.
Eine strenge Trennung des landwirtschaftlichen Wortschatzes vom Wortschatz des Winzers
ist natürlich nicht möglich, denn viele Tätigkeiten finden wir ja sowohl in den Weinbergen,
als auch im Feld. Ein Beispiel für eine solche Gemeinsamkeit ist das Lockern der Erde (Abb.
4). Bei den Bezeichnungen für diese Tätigkeit tritt abermals ein Gegensatz zwischen Breisgau
, Ortenau und Schwarzwald auf. Im gesamten Breisgau geht man falgen, in der Ortenau
rühren und im Schwarzwald hacken.
4. Die Entstehung der Breisgauer Winzerterminologie
Wir wollen nun aber den landwirtschaftlichen Wortschatz verlassen und uns auf Wörter konzentrieren
, die nur im Umkreis des Winzers und seiner Tätigkeiten auftauchen. Schaut man
kleinräumige Untersuchungen zu diesem Thema wie die Arbeit von Horst Christian Höfflin1
durch, so fällt rasch auf, daß man hierbei auf einem kleineren Raum - wie ihn etwa der Breisgau
darstellt - keine nennenswerten Unterschiede feststellen kann. Wir müssen daher unser
Kartenbild vergrößern und die Winzerterminologie in einem größeren Zusammenhang betrachten
. Und dies gilt sowohl in geographischer als auch in historischer Hinsicht.
Der Weinbau kam sicherlich mit den Römern in den Breisgau, denn ohne den hiesigen Anbau
wäre die Versorgung der römischen Legionen mit Wein nicht durchführbar gewesen. Wer
aber eine Sache mitbringt, bringt auch die Benennungen mit, die im Zusammenhang mit dieser
Sache stehen, und so verwundert es nicht, wenn man heute feststellen muß, daß die Winzerterminologie
sehr stark von Wörtern lateinischen Ursprungs geprägt ist. Viele Wörter, die
auf diese Weise zu uns gekommen sind, sind im Laufe der Jahrhunderte aber so angepaßt, d.h.
germanisiert worden, daß man ihnen diese Herkunft heute kaum mehr ansieht. So denkt heute
wohl niemand mehr daran, daß das zentrale Wort Wein lateinischen Ursprungs ist. Die Dialektlautung
Wii, in der Ortenau sogar Wiin oder Win, zeigt diese Herkunft aus lat. VIN(UM)
noch überdeutlich. Andere Wörter lateinischen Ursprungs aus der Frühphase der Entlehnung
sind Bücki, Dauge, Essig, Guttere und Most. Damit aber nicht genug. Auch in späteren Zeiten
sind vielfach über die Klöster noch weitere Wörter lateinischen Ursprungs zu uns gekommen
(z.B. Logel aus lat. LAGELLA "Fäßchen"), doch ist es nicht immer einfach, diese beiden Entlehnungsschübe
auseinanderzuhalten. Leichter ist es da schon bei der dritten Entlehnungsschicht
, bei der es sich um Wörter lateinischen Ursprungs handelt, die über das Französische
zu uns kamen. Hierzu gehören Budel (aus frz. houteille "Flasche"), Gu (aus frz. göut "Geschmack
") und rigolen (aus frz. rigoler "Gräben ziehen").
Betrachtet man die Lehnwörter insgesamt, so fällt auf, daß sie nahezu alle im Bereich der
Weinlese und der Kellerwirtschaft vorzufinden sind. Der Rebbau wird dagegen vorwiegend
mit Wörtern deutscher Herkunft besetzt, was sich Horst Ch. Höfflin wie folgt erklärt: "Nur
bei völlig Unbekanntem wird mit der Sache auch das Wort übernommen. Den einwandernden
Alemannen war jedoch die Ackerbau- und Gartenkultur keineswegs fremd, so daß es für sie
keinen Grund gab, Bekanntes neu zu benennen und alte Wörter aufzugeben.4"
5. Wortgeographische Unterschiede in der Winzerterminologie
Wie gesagt muß man im Bereich der Winzerterminologie mit großräumigeren Unterscheidungen
rechnen. So wird z.B. die Traubenpresse im gesamten Breisgau und seiner nördlichen,
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