Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
17. Jahrgang.1997
Seite: 142
(PDF, 31 MB)
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400 Jahre gab's Wein von den Kenzinger Johannitern1

Zum Welschensteinacher Jubiläum in der Geschichte gestöbert

von Hans Dieterle

Wenn der Talort Welschensteinach am nächsten Wochenende sein 750jähriges Bestehen feiert2
, so wird mit dem Festzug am Sonntag gleichzeitig ein kleiner Streifzug durch die Geschichte
des Ortes unternommen. Ein Wagen mit großem Weinfaß fällt dabei auf und erinnert
an eine bemerkenswerte Begebenheit vor über 500 Jahren.

Da waren die Fürsten von Fürstenberg dabei, sich im Kinzigtal ein geschlossenes Herrschaftsgebiet
einzurichten. Sie kauften deshalb in den einzelnen Orten - so auch in Welschensteinach
- nach und nach alle Rechte und Besitzungen auf.

Offensichtlich entwickelten sie im geschickten Führen der Kaufverhandlungen eine wahre
Meisterschaft, wie ein Kaufvertrag von 1461 zeigt. Hier erwarb Graf Heinrich von Fürstenberg
vom Johanniterorden in Freiburg dessen Besitzungen in Welschensteinach, unter anderem
auch das Patronatsrecht, für 250 Gulden und einer Jahreszahlung (Gült) von zwölf Gulden
.

Mit dem Patronat handelten sich die Fürstenberger aber gleichzeitig die Zinsverpflichtung des
„küchherrn von Wälschen Steinach" an den Bischof von Straßburg ein, nämlich 14 Schilling
Straßburger Pfennige jährlich. Dies belastete den Kauf - die Fürstenberger und die Straßburger
Bischöfe waren sich ohnehin nie grün und so wurde am Schluß der Kaufurkunde vereinbart
, daß der jeweilige Pfarrherr den Straßburger Zins direkt zu bezahlen habe.
Als Ausgleich sollte er aber vom Hofe der Johanniter in Kenzingen eine jährliche Lieferung
von 4 Saum Wein (= 1200 1) erhalten, den er auf eigene Kosten abholen konnte. Auf diese
Klausel gingen die Johanniter wahrscheinlich gerne ein, weil sie damit rechneten, daß wegen
des weiten Anfahrtsweges auf steilen und holprigen Straßen über Geisberg-Schweighausen
und den Streitberg (fünf bis sechs Stunden einfache Wegstrecke) die Sache in einigen Jahren
einschlafen würde.

Doch da hatten die hohen Herren die Rechnung ohne die Welschensteinacher gemacht. Noch
Mitte des letzten Jahrhunderts ist die Abholung des „Kompetenzweines" in den Gemeinderechnungen
belegt. Etwa 400 Jahre lang also wurden (anfangs auf dem Frondweg, später
durch Vergabe über die Gemeinde) jährlich 1200 Liter Wein von Kenzingen in den Pfarrhof
von Welschensteinach gekarrt. Im Zuge der Umwandlung der Naturalabgaben in eine Geldleistung
erlosch dann später auch die Weinkompetenz.

Im Jahre 1819 versuchte der Welschensteinacher Vogt Gysier eine Vereinfachung des Verfahrens
zu erreichen. Da die Kenzinger Besitzungen des Johanniter-Ordens zwischenzeitlich an
das Großherzogtum Baden übergegangen waren, schlug der Vogt über das Amt Haslach dem
Direktorium des Kinzigkreises vor, „den Kompetenz-Wein aus einer näher und bequemer landesherrlichen
Kellerey" abzuholen. Dies wäre Gengenbach gewesen, eine gute Stunde näher
und auf ebener Landstraße zu erreichen.

Der Antrag wurde am 20. Juni 1820 durch das großherzogliche Finanzministerium in Karlsruhe
abschlägig beschieden. Es sah keine Möglichkeit, dem Wunsch der Welschensteinacher
Bürger entgegenzukommen. Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, auf den auch schon die
Johanniter 1461 spekuliert hatten: Erlahmung des Durchhaltewillens.

Veröffentlicht in Mittelbadische Presse, 20. August 1990.

Welschensteinach feierte vom 24. - 27. August 1990 sein 750jähriges Bestehen.

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