Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
17. Jahrgang.1997
Seite: 155
(PDF, 31 MB)
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Marcel Detienne

Dionysos - Göttliche Wildheit

München 1996, Deutscher Taschenbuchverlag, 122 S., DM 12,90

"Längst vor dem Abendmahl schuf der Wein eine Pforte göttlicher Wahrnehmung." Diesen
Gedanken schrieb Ernst Jünger vor einigen Jahren in sein Tagebuch. Dem hochbetagten Dichter
sind die archaischen Mythen vertraut. Die Überlieferung, die sich um den Rebstock rankt,
spricht ihr übernatürliche Herkunft zu. Eines Tages fiel ein Tropfen göttlichen Blutes vom
Himmel auf die Erde. Mitten im Wald entwickelte sich daraus ein Strauch mit einem Stamm,
der Rebschößlinge austrieb, mit Zweigen und Ranken. Ein wilder Weinstock schoß ganz von
selbst empor und schlang sich hochfahrend um die Bäume. Bis zu dem Augenblick, in dem
Dionysos auf seiner Irrfahrt durch die Welt auf diese Pflanze stieß und erkannte, daß dies die
prall mit dunkelrotem Saft gefüllte Traube war. Man sagt, er habe die wilden Triebe zurück
geschnitten und aus diesem Wildling eine Kulturpflanze gemacht. Der Wein, "das Blut der
Erde" (Plinius), wird als Heilmittel anerkannt, aber auch als Droge, durch die der Mensch
über sich hinauswächst oder zum Tier wird. Dionysos flüstert dem König Amphiktyon seine
Weisheit ins Ohr: Wein zu trinken ist eine Kunst, er ist aber mit Vorsicht zu genießen.
In einer Komödie des Eubulus (4 Jh.v.Chr.) ist davon die Rede. "Für vernünftige Leute bereite
ich nur drei Mischkrüge vor: einen für die Gesundheit, den zweiten für die Liebe und das
Vergnügen und den dritten für den Schlaf. " Der "wohltemperierte" Wein setzt den Beginn der
"kultivierten" Lebensart.

Für alle, die den Wein in diesem Sinne trinken und dem Numinosen nicht verschlossen sind,
hat der Professor an der Ecole des Etudes in Paris, Marcel Detienne, dieses ergötzende Bändchen
geschrieben. Es sei nachdrücklich empfohlen. Es vermittelt dem besinnlichen Leser eine
alte Menschheitskultur, die das geistige Europa geprägt hat, die apollinische Katharsis (Reinigung
des Geistes) und die dionysische Ekstase. Beide sind aufeinander bezogen und machen
das ganze Menschenleben aus.

Schon vor fünfundzwanzig Jahrhunderten sang die als zehnte Muse verehrte Sappho:

Komm, Kypris, setze dir Kränze aufs Haupt
Bring in goldenen Scheden den Nektar
Gieße uns Wein ein
Denn wir feiern ein Fest.

Weitere Bücher zum Thema Wein und Poesie:
Hugh Johnson / Stuart Pigott

Atlas der deutschen Weine - Lagen, Produzenten, Weinstraßen

Stuttgart 1995, Hallwag, 232 S., 35 Tafeln, DM 98,00

Deutsches Weininstitut Mainz (Hrsg.)
Deutscher Wein-Atlas

Mainz 1996, 100 S., illustr. mit Karten, Pbd. DM 29,80

Horst Scharfenberg
Deutschlands Weine

Stuttgart 1996, 240 S., 26 Karten, Pbd. DM 29,80

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