Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
18., 19. und 20. Jahrgang.1998-2000
Seite: 180
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ren Pfarrer gerne dem Gedanken hingeben, die Religionsprüfung sei nun einmal eine unglückliche
gewesen". Soweit das deutliche Urteil des Bischofs.

Der badische Kirchenstreit, in dem sich die Bischöfe gegen das oberste Aufsichtsrecht des Staates
in ehemals kirchlichen Angelegenheiten wehrten, belastete das Klima in Kenzingen weiter.
Pfarrer Dischler war von seinen Schäfchen enttäuscht: Insbesondere das Gedränge an den Kirchentüren
störe die Ordnung beim Gottesdienst. Warum Gedränge? Wollten alle in die Kirche?
Nein - die Kenzinger waren nicht gläubiger geworden. Des Rätsels Lösung: Keiner wollte in die
vorderen Bänke der Kirche, alles drängelte sich hinten. Und um das Zuspätkommen unmöglich
zu machen, wurde die Kirchentür nach Beginn des Gottesdienstes verschlossen.

Sein Nachfolger - Pfarrer Hoppensack - kämpfte mit dem gleichen Problem. Hören Sie seine
Worte, die er am 30. Mai 1869 sprach: "Ich habe mich wiederholt schon an Eltern und Meisterleute
gewendet, dass sie ihre jungen Leute zur Christenlehre anhalten und sie überwachen
sollen, ob sie dieselben wirklich besuchen. In jüngster Zeit kommt es aber nicht nur vor, dass
viele beiderlei Geschlechts ganz unverantwortlicherweise ausbleiben, sondern dass sogar
manche Knaben während der Christenlehrzeit im Bierhaus und auf der Kegelbahn zubringen
sollen."

Einen tiefgreifenden Wandel erfuhr die Schule im Laufe ihrer Jahrhunderte langen Geschichte
. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden die Lehrer von der Stadt auf ein Jahr angestellt. Im Jahr
1656 betrug das Jahresgehalt des Lehrers 36 Gulden, 16 Viertel Getreide, 3 Saum Wein, Holz
soviel er benötigt, eine Dienstwohnung, eine Wiese für das Viehfutter und Ackerland zum
Anbau von Hanf und Kraut. Die Neuanstellung erfolgte jeweils an Weihnachten durch den
Stadtrat. Dabei formulierte man auch die Erwartungen an den Lehrer. So verlangte man von
einem Lehrer, dass er "besser und mit allem Ernst" unterrichte. Ein anderer wurde ermahnt,
nicht mehr so laut die Jugend zu korrigieren - wie es in der Quelle heißt - , "so dass man es
vor allem Gesang in der ganzen Kirche höre". Wiederholt beklagte man auch den großen
Brennholzbedarf wegen übermäßigen Feuerns.

Eine Entlastung der kommunalen Finanzen erreichte man dadurch, dass die Lehrer Dienste in
der Pfarrei übernahmen und von dieser dafür bezahlt wurden. Diese zusätzlichen Aufgaben
brachten dem Lehrer zwar eine größere finanzielle Sicherheit, andererseits hatte er jetzt zwei
Dienstherren. Die Einstellungen mussten nun im Einvernehmen mit dem Pfarrer erfolgen.
Einmal forderte man beispielsweise ausdrücklich ein "exemplarisches Wohlverhalten" und
eine beträchtliche Einschränkung der persönlichen Lebensführung. So durfte der Lehrer nicht
ohne Erlaubnis des Pfarrers außerhalb der Stadt übernachten. Auch musste er sich beim Gottesdienst
nach Maßgabe des Pfarrers fleißig einfinden.

Der Schule beziehungsweise der Schulpflicht wurde auch von der Obrigkeit wenig Aufmerksamkeit
entgegengebracht. Obervogt Bauer von Ehrenfeld vertrat im 18. Jahrhundert die Meinung
, dass ein Bauer, der schlecht schreibe, doch ein nützlicher Untertan vor der Kirche und
der Herrschaft sein kann. Wichtiger sei die Erlernung der Religionsgrundsätze. Nur so lerne
er, was er Gott, dem Landesfürsten und seinen Mitmenschen schuldig sei.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten der Kenzinger Schulmeister und sein Gehilfe
annähernd 250 Kinder zu unterrichten. Hierfür stand ihnen nur eine Schulstube zur Verfügung
. Nicht einmal alle Schüler bekamen einen Platz zum Schreiben. Bei der Schulvisitation
wurde die Stadt deshalb verpflichtet, einen zweiten Lehrer anzustellen und ihm einen eigenen
Unterrichtsraum zu geben. Nur langsam entwickelte sich die Schule zur modernen Einrichtung
, wie wir sie heute gewohnt sind.

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