Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
18., 19. und 20. Jahrgang.1998-2000
Seite: 199
(PDF, 40 MB)
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Worin könnten hierfür die Ursachen liegen?

Setzen wir doch mal ganz unten an. Dass die bekannte Frage: woher kommt die Milch? in vielen
Fällen tatsächlich aus Unwissenheit mit „aus der Packung/Flasche" beantwortet wird ist
nicht unbedingt verwunderlich, wo der Bezug zum Natürlichen bzw. dem Elementaren immer
mehr in den Hintergrund rückt. Gerade die Erfahrungen, die Heranwachsende machen, beeinflussen
sie später bei der Berufswahl. Deshalb sollte der Lebensnähe und dem Praxisbezug bei
der Ausbildung eine hohen Stellenwert zukommen. Bekanntlich lernen und verstehen Menschen
Sachverhalte immer dann besser, wenn wie erwähnt ein Praxisbezug möglich ist. Ausflügen
, Exkursionen oder Betriebsbesichtigungen kommt daher eine immer größere Bedeutung
zu. Sie lassen sich aber oft nicht durchführen, da in der Praxis die Lehrpläne häufig aus
Lehrermangel nicht eingehalten werden können. Hieraus resultiert natürlich, dass die meisten
Schulabgänger die für sie evtl. in Frage kommenden Berufe nur unzureichend beurteilen können
.

Die Handwerksberufe haben bei vielen Schülern ein schlechtes Ansehen, wobei immer wieder
zu hörten ist: „Ich mach mir doch nicht die Hände schmutzig", „Das ist mir zu anstrengend
)körperlich)", „Wozu braucht man das überhaupt noch, das machen sowieso computergesteuerte
Maschinen". Die Meinung einer großen Anzahl von Jugendlichen, unliebsame Arbeiten
würden von Maschinen ausgeführt, trifft nicht immer zu. Vielmehr sind junge Leute gefragt,
die handwerkliches Geschick, technisches Verständnis und den sicheren Umgang mit dem
Rechnen mitbringen. Es ist deshalb von größter Wichtigkeit, dass schon den Schülern im
Grundschulalter die Technik nähergebracht wird.

Sehr geeignet für solche „Berührungen" sind natürliche technische Denkmälter wie etwa
Mühlen oder Schmieden, von denen oft etwas mystisches ausgeht. Bei einer Mühle kann z. B.
der Kraftfluss von einem Wasserrad zum Mahlstuhl recht einfach nachempfunden werden. Eine
auf dem Mahlstuhl stehende Person kann die Kraft, die über knarzende Zahnräder übertragen
wird, unmittelbar spüren und ersehen, wohinggegen die Funktion eines abgeschlossenen
Getriebes im Pkw für viele ein Buch mit sieben Siegeln ist. Daher eignet sich ein solch tiefgreifendes
, ganzheitliches Objekt wie eine Hammerschmiede vorzüglich für derartige Exkursionen
oder Unterrichtsgänge. Die Nutzung der Naturgewalt des Wassers im Zusammenwirken
mit dem Feuer und dem zu verarbeitenden Stahl bergen eine einzigartige Aura in sich.
Die Betrachter verstehen durch die recht einfachen, aber funktionellen Techniken den Arbeitsablauf
.

Komplexes Denken setzt voraus, einzelne Sachverhalte in ihrem Zusammenhang zu verstehen
und diese sind gerade bei musealer Technik noch sieht- und greifbar. Es ist bekannt, dass von
Gehörtem oder Gelesenem nur ein Bruchteil im Gedächtnis verbleibt, während Sehen, Hören
und Fühlen ganz andere Lernerfahrungen bieten. So kann gerade heute in der Multi-Media-
Zeit die Hammerschmiede als Bindeglied der vorindustriellen Epoche über Notzeiten der
Nachkriegsjahre hin in die Neuzeit betrachtet werden.

Selbstverständlich möchten wir Kindern und Jugendlichen ein solch eindrucksvolles Erlebis
nicht vorenthalten. Das Wirken der Gewalt des Wassers durch die Wasserkraftnutzung mit
rauschenden, spritzenden Wasserrädern, die wiederum den tonnenschweren Wendelbaum und
Schleifstein lautlos antreiben, lässt sich am Staunen der Kinder immer wieder ablesen. Das
Zusammenwirken von Wasser, Feuersglut und Hitze in dem rauchigen Kellerraum lässt die
Sinne erwachen! Die Nase nimmt den leichten Schwefelgeruch aus dem Kohlenbrand und den
feuchten Kellergeruch wahr, die Augen müssen sich sowohl an den dunklen Raum sowie an
die gleißend helle Feuersglut gewöhnen. Die Haut fühlt die angenehme Kühle des Schmiedekellers
und zugleich die Hitze des Schmiedefeuers. Auch die Ohren werden von den gegensät-
zen nicht verschont. Tonnenschwere Maschinen lautlos in Bewegung sowie das dröhnende
Schlagen der großen Hämmer geben immer wieder Anlaß zum Staunen. Das Zusammenspiel

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