Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
21., 22. und 23. Jahrgang.2001-2003
Seite: 102
(PDF, 49 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2003-21-23/0104
vorzuhalten. So wurde einem Bürger, der im Februar 1669 vom Rat Bauholz aus dem Stadtwald
gegen Bezahlung zugewiesen bekam, ausdrücklich auferlegt, dass er sich den Einschlagplatz
vom städtischen „bawmeister" anweisen lassen, und beim Schlagen das „Theüchel holtz
darbey durch aus verschondt" werden solle". Und nur wenige Wochen später bewilligte der
Rat das Kaufgesuch eines Bürgers über zehn Stück „foren [Kiefern] holtz" aus dem Stadtwald
nur unter der Bedingung, dass das „Bronnen theuchel holtz Eiserist [äußerst] verschondt
werde Auch sonst hielt der Rat strenge Aufsicht auf die im Bann der Stadt liegenden Wälder
, die durch die städtischen und privaten Bauvorhaben stark in Anspruch genommen wurden.
So erließ der Rat im Oktober 1659 anlässlich der abschlägig beschiedenen Bitte des ein Vierteljahr
zuvor ins Kenzinger Bürgerrecht aufgenommenen Maurermeisters Barthlin Meßmer54
um Abgabe von Bauholz vermutlich wegen Übernutzung ein generelles Verbot des Holzverkaufs
aus den städtischen Waldungen55, das aber nicht konsequent eingehalten wurde. Zugleich
griff das städtische Regiment auch massiv in die Nutzung privaten Waldbesitzes ein, vor allem
dann, wenn es um Eichenbestände ging. Denn diese stellten ja nicht nur einen wertvollen Bauholzvorrat
dar, sondern waren im Herbst durch die Eicheln, den „äggerich" [Eckerich] eine
unverzichtbare Futterquelle für die Schweinemast56. So wurde im Dezember des Jahres 1659
einem Kenzinger Bürger zwar erlaubt, „in seinem aigenthumb" Bauholz zu schlagen, jedoch
mit der Auflage, dass er „Fruchtpahre Aichbaumen verschonen solle"'7. Schließlich hatte der
Mangel an Eicheln tragenden Bäumen durch die Übernutzung der Eichenbestände offenbar so
alarmierende Ausmaße angenommen, dass sich der Rat im Februar 1670 veranlasst sah zu
dekretieren, „daz dan bey solicher straff [\0 Pfund Pfennige] auff seinen aignen guetern nihe-
mandt kein Frucht pahren aichbaum vmbhawen solle

Eine Vorstellung davon, wie hoch die Beanspruchung des Waldbestandes war, vermitteln auch
die in den Ratsprotokollen verschiedentlich vermerkten Verkäufe von 50, 70 oder gar 100
Stämmen an Kenzinger Bürger für den Hausbau59, nicht gerechnet die Verkäufe kleinerer Kontingente
und der im Umfang nicht ausgewiesene Einschlag für städtische Bauten und für
Brennholz sowie die Holzentnahmen aus privatem Waldbesitz, die in den Ratsprotokollen nur
gelegentlich erwähnt werden. Stadtschreiber Reichlin, dem der Rat 1669 auf dessen „gepü-
rendtes ahnsuochen " hin das offenbar erbenlos an die Stadt heimgefallene Ruinengrundstück
des einstigen Gasthauses „Ztir Krone" samt allen darauf haftenden Rechten zu freiem Eigentum
verehrt hatte60, erhielt - wiederum umsonst - im Jahr darauf für den Wiederaufbau sogar
300 Stück Bauholz aus dem Stadtwald zugesprochen61.

Weshalb der Rat diese beiden großzügigen Geschenke machte - sonst wurden Bauplätze und
Bauholz aus den städtischen Wäldern an die Einwohner verkauft -, vermerkte der Stadtschreiber
nicht im Protokoll. Vielleicht war es seitens des Rats eine Geste der Anerkennung über
seine Bezahlung hinaus für seine vielfältigen Aufgaben im Dienst der Stadt? Mindestens seit
1655 führte Johann Conrad Reichlin, der aus Freiburg stammte oder dort studiert hatte, „can-
didatus" beider Rechte (des weltlichen und des kanonischen), als studierter Jurist den Schriftverkehr
der Stadt, vertrat Kenzingen zusammen mit dem Amtmann der Herrschaft Kürnburg
auf den vorderösterreichischen Landtagen, verwaltete als Kirchenpfleger das Rechnungswesen
der „Kirchenfabrik" und begleitete die Gottesdienste als Organist62. Durch seine vielfältigen
Aufgaben, vor allem als Protokollant der Ratsarbeit und bei der jährlichen Neubesetzung des
Rates, durch seine Abordnung als Repräsentant der Stadt zu den Landtagssitzungen in Freiburg
sowie durch die Beurkundung von Verkäufen, Heiratsverträgen, Testamenten, besaß er unter
allen Einwohnern Kenzingens wahrscheinlich das umfangreichste und genaueste Wissen über
die politischen, wirtschaftlichen und Besitzverhältnisse in der Stadt und dürfte daher einer der
mächtigsten Männer innerhalb ihrer Mauern gewesen sein. Ohne seine gewissenhafte Protokollführung
hätte der Verfasser dieser Untersuchung nicht zu den hier vorgelegten Ergebnissen
kommen können, und aus dem Abstand von dreieinhalb Jahrhunderten beeindrucken noch den
heutigen Leser die über zwei Jahrzehnte hinweg gleichmäßig klare, zierliche und saubere

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