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sierung" wurde also ein aus damaliger Sicht immerwährender rechtlicher Riegel vorgeschoben.
Zur Rechtssicherheit sollten die Franziskaner der Stadt einen Revers ausstellen, in dem die vom
Rat gesetzten Bedingungen der Wasserabgabe eindeutig festgehalten wurden. Im März des folgenden
Jahres wurde ihnen dann die Erlaubnis erteilt, „aufflhr gefahr vndt costen" diese Deichelleitung
zu verlegen, wobei sie die dafür ausgehobenen Gräben „also balden widerumb zue
werffen vndt besetzen [pflastern] laßen sollten '"".Übrigens wurden bei einem späteren Versuch
der Franziskaner, die Schüttung der Brunnenstube in der Steinspalte zu erhöhen, ein mit Steinplatten
ausgelegter, 13 Schritt langer Leitungskanal und ein Mechanismus mit einem „ von ällte
der Zeit" gezeichneten Eichenpflock zur Regulierung der Brunnenschüttung, eine Wasserkunst,
freigelegt, wovon bis dahin „kein Mann, Ja niehemandt [...] gewüßt noch gehört hatt". Stadtschreiber
Reichlin fand diese archäologische Entdeckung so bedeutend, dass er sich veranlasst
sah, sie „der Posterität [Nachwelt] zuer Nachricht" im Protokoll festzuhalten67.
Vor dem Hintergrund einer gewissen Aufbruchsstimmung, die die bisher referierten Ratsverfügungen
zum Wiederaufbau der Stadt vermitteln, ist vielleicht auch der Ratsbeschluss vom
Dezember 1656 zu sehen, „daß Ehendist [baldigst] ein[e] Stattschreyberey solle Erpawen werden
'"'". Ob dieses Bauvorhaben aber auch tatsächlich ausgeführt wurde, bleibt zweifelhaft, da
in den nachfolgenden Ratsprotokollen über dieses Projekt im Unterschied zu anderen städtischen
Baumaßnahmen keine weiteren Eintragungen zu finden sind69. Und noch ein Umstand
spricht nach Einschätzung des Verfassers für die Vermutung, dass dieser Ratsbeschluss eine
Absichtserklärung blieb. Ein dreiviertel Jahr später nämlich erteilte der Rat Stadtschreiber
Reichlin die Erlaubnis, „weylen die avidentia [Anforderungen] bey der Stattschreyberey der-
mahlen noch gar gering [sind]," dass er „die Ambts verwalltung zue Küchlinspergen neben
dem Stattschreyberey dienst wohl versehen möge; Jedoch miglichst zuesehen solle, daz der
Statt geschafften allwegen vorderist [zuerst] Expetiert [erledigt] werden "™. Wenn nun der Rat
dem Stadtschreiber wegen bisher geringer Dienstanforderungen in Kenzingen eine „Nebentätigkeit
" in Kiechlinsbergen erlaubte, dürfte der Bau einer eigenen Stadtschreiberei nicht unbedingt
höchste Priorität genossen haben - zumal ja das Rathaus selbst noch nicht wieder aufgebaut
war. Vielleicht war mit „Erbauung einer Stadtschreiberei" ja nicht die Erstellung eines
eigenen Gebäudes gemeint, sondern lediglich die Einrichtung entsprechender Räumlichkeiten
in einem bereits vorhandenen und entsprechend geeigneten städtischen Gebäude.
Nach diesen ersten Anläufen scheint das städtische Bauwesen zunächst wieder ins Stocken
geraten zu sein, zumindest finden sich in den Gerichts- und Ratsprotokollen aus den Jahren
1657 bis 1661 keine weiteren einschlägigen Beschlüsse. Die Ursache dafür lag offensichtlich
in der damals schlechten Haushaltssituation der Stadt. Im Ratsprotokoll vom 21. Februar 1660
heißt es etwa anlässlich einer Nachfrage nach den Ratsbechern, die vom Schultheißen und den
Ratsverwandten als jährliche Gratifikation gefordert wurden, dass man sich gedulden solle, bis
„die statt zue mittlen widerumb kommen würdet, wahin [wozu] dan die steürs Einforderung der
mahlen angesehen worden"11. Und den Scharfrichter und Wasenmeister [Abdecker] Heinrich
Burckhardt - in der Stadt bzw. auf dem Galgenbuck wurden ja die gerichtlich verhängten Leibes
- und Todesstrafen für im Stadtbann oder in der Herrschaft Kürnberg begangene Verbrechen
vollstreckt - wies der Rat im selben Jahr auf seine Anfrage nach seinem ausstehenden Wartgeld
zur Geduld, „biß etwan die Statt zue beßern mittlen geraichen möcht"11.
Im Januar 1662 wurde Simon Gisinger, seit der ersten, im ältesten erhaltenen Ratsprotokoll
überlieferten Ratsbesetzung von 1656 als einer der neun „alten Räte" im Stadtregiment nachweisbar7
', auf ein Jahr als „bawmaister" verpflichtet. Zu seinen Amtspflichten gehörte an erster
Stelle die Aufsicht über den Feldbau. Diese Aufgabe erwuchs aus den damaligen landwirtschaftlichen
Anbau- und Nutzungsmethoden. Denn im Rahmen der Dreifelderwirtschaft muss-
te der jährliche Anbauwechsel zwischen Winterfrucht, Sommerfrucht und Brache in den einzelnen
Gewannen für alle Bürger verbindlich geregelt werden74, weil in den einzelnen Gewan-
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