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Eine weitere Unterteilung zeigen einige
wiederverwendete Sandsteinblöcke (Abb. 6,
Nr. 9; Abb. 9) an, die in West-Ost-Richtung
verlegt waren. Möglicherweise war auf
ihnen ein Balken mit einer Fachwerkwand
aufgelegt; jedenfalls fand sich verbrannter
Lehm in diesem Bereich. Eine 15-20 cm
breite Rinne (Abb. 6, Nr. 10; Abb. 9) im
Wackenpflaster, deren Sohle ebenfalls mit
Wacken ausgelegt ist, enthielt Holzreste und
Holzkohle. Es war nicht mehr zu klären, ob
Abb. 9: Westlicher Teil des nördlichen Vorwerkes. Wer ein Balken oder eine schmale Holzrinne
Pflasterung mit einer möglichen Rinne (links) und eingelegt war.
den Resten einer Trennwand (rechts). Blick von Direkte Hinweise für die genaue Erbauungs-
Osten zeit des Vorwerkes fanden sich nicht. Auf
Grund der allgemeinen Entwicklung des
Befestigungswesens - wobei sich bisher keine genau entsprechenden Parallelen finden ließen -
wäre das 16. Jahrhundert zu vermuten. In diese Zeit, um 1538, fällt auch eine Verbesserung der
finanziellen Lage der Grafen von Tübingen-Lichteneck, die vielleicht die Basis für ein solches
Bauprojekt bot; allerdings erfolgte bereits 1547 wieder ein finanzieller Einbruch. Die erste
Erwähnung von Vorwerken fällt erst in die Zeit um 1632/33 im Zuge der Kampfhandlungen
des Dreißigjährigen Krieges. Die Zerstörung und Auflassung der Burg erfolgte im Jahre 1675.
Das Fundmaterial vom Vorwerk datiert allgemein in das 16./17. Jahrhundert; eine detaillierte
Bearbeitung steht noch aus.
Das Vorwerk erinnert insgesamt an die - freilich spektakulärer gelegene - Burg Wildenstein
(Landkreis Sigmaringen). Auch dort liegen - wie an der Lichteneck - zwei Gräben mit jeweils
einem Brückenpfeiler vor der Burg. Die beiden Brücken waren ebenfalls seitlich gegeneinander
versetzt. Das langgestreckte Vorwerk zwischen den Gräben weist an den Enden halbrunde
Abschlüsse (Kanonenbastionen) auf, die auf Grund der topografisehen Situation jedoch nach
vorne gerichtet sind. Das Wildensteiner Vorwerk wurde im Rahmen großangelegter Neubauten
unter Graf Gottfried Werner von Zimmern zwischen 1520 und 1550 erbaut. Die Zimmerische
Chronik Band IV überliefert von ihm, dass er an Wildenstein weit über 40.000 Gulden verbaut
habe.
Zur Erbauung des Lichtenecker Vorwerks sind einige Annahmen zulässig: Im unteren Teil des
Vorwerks (wie auch in der nicht sichtbaren Sohle des südlichen Grabens) befindet sich der
anstehende Muschelkalk, der - im Bereich des Vorwerkes - offenbar noch von dem in der Eiszeit
angewehten Löss überlagert wird. Schon zu Zeiten der Burg des 13./14. Jahrhunderts
könnte es eine Futtermauer des südlichen Grabens gegeben haben, um die Lösswand vor dem
Herunterbrechen zu schützen. Zum Bau des Vorwerks wurde jedenfalls entlang der Lösswand
eine 1,20-1,60 m dicke Mauer hochgezogen; vielleicht wurde der (innere) Graben bei dieser
Gelegenheit verbreitert oder vertieft. Es ist derzeit unklar, ob der äußere Graben zu Zeiten der
mittelalterlichen Burg mit Vorburg schon bestand oder - eher - erst beim Bau des Vorwerks
angelegt wurde.
Auf Grund der natürlichen Oberflächenform im Randbereich der Vorbergzone ergibt sich ein
Gefälle nach Westen. Diesem Problem begegnete man dadurch, dass man im Vorwerk zwei
unterschiedliche Niveaus anlegte. Über das höhere Niveau verlief der Zugangsweg, das untere
Niveau bildete ca. 3,5 m tiefer eine Terrasse.
Da sich beiderseits der Trennmauer (Abb. 6, Nr. 7) Wackenpflaster auf derselben Höhe, das
heißt auf dem unteren Niveau, befindet, ist mit der Existenz einer massiven, ebenfalls in Nord-
Süd-Richtung verlaufenden Stützmauer zu rechnen (Abb. 4; im Bereich der Nr. 8); sie muss
sich unter der steilen Erdböschung des Vorwerks befinden. Es lagen also im Westteil des Vor-
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