Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
24. und 25. Jahrgang.2004/2005
Seite: 109
(PDF, 30 MB)
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Im Alter zog sich Cabanis immer
mehr nach Nollet zurück. Hier
schrieb er auch - in den vertrauten
Räumen und nach 35 Jahren und
später - seine Kommentare zu den
Tagebüchern. Das Haus ist zu groß
für ihn allein, leer und düster, trostlos
. Wahrscheinlich sind nur die
Häuser heiter, in denen man seine
Jugend verbracht hat. Da ich keinerlei
Ruhm und Größe dieser Welt
begehre, hätte ich zu sehr das
Gefühl nur in Erwartung meines
Todes hier zu sein, wenn ich nicht
schreiben würde.2™

5 Schulbildung

Jose erhielt fast seine gesamte Schulausbildung bei den Jesuiten im Caousou (Schule in
Toulouse), bis er mitten im letzten Studienjahr wegen Aufsässigkeit ausgewiesen wurde. Er
wiederholte die Klasse an der Oberschule (Lycee) von Toulouse, wo sein Lehrer Canguilhem
einen sehr großen Einfluss auf ihn hatte. Mein ganzes Leben wurde davon beeinflußt.260 Er
beschreibt ihn als einen bescheidenen, unvoreingenommenen, leidenschaftlichen Mann, der
stets die Bibel bei sich trug, was Jose bei den Jesuiten nie beobachtet hatte, wie er verwundert
vermerkt. Canguilhem öffnete ihm die Welt des Wissens indem er ihn lehrte, in Anlehnung an
die Methode Descartes' alles in Frage zu stellen und die Antwort nur an der Quelle, am
Ursprung selbst zu suchen, das heißt, Kommentare, fertige Meinungen zu vermeiden. Er hat
mir die Welt des Wissens geöffnet.261 Cabanis wurde bei ihm zum kritischen, unabhängigen
Denker, der sich auf Dokumente aus erster Hand stützte.

An der Universität öffnete ihm sein Professor Jankelewitch den Weg zur Philosophie, indem er
die Wechselbeziehung und enge Verbindung zwischen Philosophie und Musik und Dichtung
aufzeigte und ihn so an Intelligenz und Kultur berauschte.262

6 Arnauds Tod

Am 3. Juni 1940 fiel Joses (Halb-)Bruder Arnaud de Laportaliere als Leutnant bei Dünkirchen:
Nach heftigem Blutvergießen war sein Bataillon am 31. Mai völlig erschöpft bei Dünkirchen
angekommen, wo man es in einem nahegelegenen Dorf einquartierte und den Soldaten zwei
Tage lang etwas Ruhe gönnte. Am 2. Juni erfuhren die Offiziere, dass man, statt selbst nach
England überzusetzen, das Einschiffen der eigenen Streitkräfte durch einen Angriff auf den
Feind decken musste. Am Morgen des 3. Juni, um 4 Uhr erging der Befehl anzugreifen. Trotz
schwierigster Bedingungen führte er seine Männer tapfer und selbstlos und erreichte als erster
einen Graben, an dessen Rand er sich niederkauerte. Dann hob er den Arm, um seinen Leuten
Mut zu machen und sie herbeizuwinken. In diesem Augenblick traf ihn ein Geschoß mitten auf
der Stirn. Den Arm immer noch ausgestreckt, fiel er nach hinten.2" Am folgenden Tag ließen
die Deutschen einen leicht verletzten, gefangenen Leutnant zu Arnauds Leichnam vor. Er fand
den Toten in der gleichen Lage, mit ausgestrecktem Arm erstarrt, und bei ihm einen Abschieds-

259 Cabanis, Les profondes annees, S. 15.

260 Ebd., S. 141.

261 Ebd.

262 Ebd., S. 142.

263 Ebd., S. 197.

Abb. 71: Jose Cabanis in Nollet

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