Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
24. und 25. Jahrgang.2004/2005
Seite: 113
(PDF, 30 MB)
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Bauern den Zivilgefangenen Alkohol aus. Weiter liegen mir Meldungen vor, wonach zivilgefangene
Polen Leib und Ehre deutscher Frauen und Mädchen anzutasten sich unterstehen. Ich
mache die Herren Kollegen auf ihre Überwachungspflicht hinsichtlich der polnischen Zivilgefangenen
wie auch überhaupt aller Gefangenen aufmerksam. Nicht nur von Gesetzes wegen,
sondern auch aus moralischen Gründen ist es Aufgabe des Bürgermeisters, das Benehmen der
Gefangenen in seinem Ortsbereich genauestens zu überwachen. Sollten Übergriffe oder Verfehlungen
bekannt werden, so wollen Sie diese an den Herrn Landrat oder persönlich an mich
[...], melden. Für Abhilfe wird unter allen Umständen gesorgt."274

Ein typischer Beleg für die humane Missachtung von Ausgrenzungsappellen stammt aus dem
„Merkblatt für deutsche Betriebsführer über das Arbeitsverhältnis und die Behandlung von
Zivilarbeitern polnischen Volkstums aus dem Generalgouvernement: [...] Jeder Betriebsführer
hat darauf zu achten, dass die diesen Arbeitskräften auferlegten Beschränkungen genauestens
eingehalten werden. Diese Beschränkungen sind u.a. Verbot des Besuchs von Theatern, Kinos,
Gaststätten u.ä. gemeinsam mit der deutschen Bevölkerung. [...] Deutsche Volksgenossen, die
den Erfolg dieser Auflagen dadurch beeinträchtigen, dass sie z.B. für die Polen Geld und Bekleidungsstücke
sammeln, Briefe vermitteln, Fahrkarten kaufen, die den Polen offenstehenden
Gaststätten während deren Anwesenheit besuchen u.ä.m. werden zur Rechenschaft gezogen.
Der Geschlechtsverkehr zwischen Deutschen und Zivilarbeitern und -arbeiterinnen polnischen
Volkstums wird schärfstens geahndet."275

„Aus der Tatsache, daß solche Belehrungen während des Krieges häufig wiederholt wurden,
darf man schließen, daß auch im Kreis Emmendingen - entgegen den Vorschriften - Ausländer
und hier besonders Polen menschlich behandelt worden sind."276 So war es zumindest in
Köndringen, Teningen und Kenzingen, wo ein friedliches Zusammenleben von Zivilarbeitern
und der Bevölkerung eher die Regel war. In den Gasthäusern traf man sich zu einem gemeinsamen
Umtrunk, und besonders die Arbeiter in der Landwirtschaft wurden häufig wie Familienmitglieder
behandelt. In größeren Städten bestand schon eher die Gefahr einer Ausgrenzung
der Fremden und besonders konnten dort „Ost-" und „Westarbeiter" sehr unterschiedlich
behandelt werden. „Das entsprach dem nationalsozialistischen Herren- und Untermenschendenken
: ,Westarbeiter' - Franzosen, Holländer, Belgier - hatten Privatquartiere, Gesundheitsversorgung
und in der Regel ordentlich zu essen. ,Ostarbeiter' dagegen - Polen, Russen,
Ukrainer - vegetierten in Lagern zusammengepfercht, zum Beispiel 1500 Menschen im , Ostarbeiterlager
' in der Freiburger Adolf-Hitler-Straße, die heute Habsburgerstraße heißt."277

10 Seintein

Um der Zwangsverpflichtung zur Arbeit in Deutschland zu entgehen, hatte sich Jose Cabanis
in einer Bleimine in Seintein, tief in den Pyrenäen, als Arbeiter verdingt. Auf der Pritsche eines
Lastwagens, flach auf dem Bauch liegend, mit einem Koffer voller Lesestoff neben sich, hatte
er sich an den allgegenwärtigen deutschen Wachposten vorbeigeschmuggelt, um den letzten
Rest der abenteuerlichen Reise in einen Kübelwagen gekauert zurückzulegen, der an einem
Seil an schwindelerregenden Abgründen vorbei nach oben gezogen wurde. In der Mine selbst,
wo er tags darauf seine Arbeit antrat, waren die Stollen immer voller Bleidunst, so dass man
kaum etwas sehen konnte. Er schob Loren. Dabei war besonders der Lärm unerträglich: Das
Schlagen der Presslufthämmer hallte wider und verstärkte sich, und Jose fühlte sich wie unter

Der Bürgerneister an das Arbeitsamt - Nebenstelle Emmendingen, 24.9.1941. Gemeindearchiv Teningen
, Verwaltungssachen, Spezialia, IX Militär- und Kriegssachen, Akten G, Hefte 702.
Kreisobmann an die Bürgermeister des Kreises Emmendingen, „Betr.: Behandlung von zivilgefangenen
Polen". Ebd.
Ebd.

Teningen, S. 426.

Gruppenreise an den Ort des Leidens, BZ vom 13.5.2003.

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