Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
24. und 25. Jahrgang.2004/2005
Seite: 127
(PDF, 30 MB)
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oder ausdrücklich verboten war, wobei kein Unterschied zwischen den Nationen gemacht
wurde (vgl. 9).

Behördliche Aufrufe untersagten der Bevölkerung jeglichen Umgang mit Ausländern unter
Androhung von Strafe. Im Teninger Heimatbuch ist festgehalten, wie Kontakte zu Nichtdeutschen
gewertet wurden: „Als besonders verwerflich galt Geschlechtsverkehr mit Artfremden
(Slawen), fast schon der Rassenschande (Sexualverkehr mit Juden) gleichgestellt. Die
Atmosphäre von Gerüchten, anonymen Denunzierungen und Verdächtigungen, die für das
Dritte Reich und erst recht die Kriegszeit charakteristisch sind, erhellt ein Schreiben des Bürgermeisters
Menton vom 1. September 1944. Danach sollen sich bei der FRAKO beschäftigte
deutsche Mädchen, Gefolgschaftsmitglieder, mit den ebenfalls bei dieser Firma beschäftigten
ehemaligen italienischen Kriegsgefangenen in ziemlich freundschaftlicher Weise abgegeben
bzw. unterhalten haben. Menton hat die Mädchen auf Anordnung des Herrn Kreisleiters und
des Herrn Landrates vorgeladen, schärfstem verwarnt und ihnen mitgeteilt, daß sie im
Wiederholungsfalle strengstens bestraft würden."314 Denn „Die Ahndung von Fällen des geselligen
und insbesondere des intimen Verkehrs zwischen polnischen Zivilarbeitern und
Deutschen erfolgt durch schärfste staatspolizeiliche Maßnahmen315."

Berücksichtigt man schließlich, wie viele heute undenkbare oder längst vergessene Tabus zur
Mitte des letzten Jahrhunderts noch bestanden, so darf man ruhig davon ausgehen, dass,
ungeachtet der wie immer - hier besonders gegen Kriegsende - möglichen Ausnahmen, die
Begegnung deutscher Mädchen mit Fremdarbeitern nicht auffallend über die strengen, damals
gültigen Verhaltensregeln hinausging, falls sie überhaupt stattfand, wenn auch, wie ein
männlicher Zeitzeuge dazu meinte, „die Reben nicht weit weg waren". Dass in diesem Zusammenhang
die Rebberge als nächst möglicher Ort privater, heimlicher Begegnung genannt werden
, ist an sich bezeichnend genug. Aufschlussreich ist auch, dass der oben zitierte Ausruf
„Kein Kind!" in Cabanis' Tagebuch auf französisch „Pas d'enfant!" geschrieben steht und
nicht in deutsch. Damit ist völlig offen, in welcher Sprache er tatsächlich erfolgte. Hätte Cabanis
die Sprecherin als Deutsche identifizieren wollen, dann hätte er die beiden Wörter sicher
auf deutsch eingefügt (wie er es übrigens an anderer Stelle gelegentlich tat, was bereits bekannte
Beispiele wie Gretchen, Stück, die Gasthaus, Verdunkelung beweisen).
Außer seinen Freund Max Bonnefond, einige wenige Kameraden (Caestan, Merle, Galy), seine
Freundin Anna Halka, deren Freundin Nina, Hoffmann, den Österreicher, Paula und Anneliese,
nennt Cabanis niemanden beim Namen, sondern verwendet meist Initialen, eine Gewohnheit,
der er seit seinen ersten schriftlichen Aufzeichnungen treu geblieben ist. Von Köndringen sind
G. M. undD. gekommen.^16 B. und C. schlafen neben mir auf dem Sofa [auf der Reise nach Min-
golsheim].317 Cabanis respektiert auf diese Weise die Privatsphäre des Individuums.

47 La Rochefoucauld (1613-1680) ist ein schonungsloser Analytiker des menschlichen
Charakters und spürt Eigenliebe in ihrer verstecktesten Form und ihrer geschicktesten Verkleidung
auf. In Reflexions ou Sentences et Maximes morales (1665) kritisiert er die Welt, in der
- entgegen allem Anschein - auch die edelsten Gefühle vom Nutzen bestimmt sind.

48 Die Comtesse de Segur (1799-1874)

In Russand geboren, heiratete sie den Herzog von Segur und lebte in Frankreich, wo sie
Kinderbücher schrieb, deren Geschichten sie um die Hauptperson „Sophie" entwarf, wie zum

314 Teningen, S. 426. Hervorhebungen im Original.

MS Der Landrat an die Bürgermeister des Landkreises, 15.3.1942, Gemeindearchiv Teningen.
116 Cabanis, Les profondes annees, S. 266.
1,7 Ebd., S. 273318.

Cabanis, Schlage doch, S. 7.

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