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fürstlichen Essen eingeladen. (Einer der Verwandten war Offizier in der französischen
Nachkriegsbesatzung und wohnte in Baden-Baden.)
63 Onkel Oktave, ein Sonderling und Poet, ist keine fiktive Person, sondern sein wirklicher
Onkel, Michel de Bellomayre, der auf den jungen Jose großen Eindruck machte, so dass dieser
ihn sich zum Vorbild wählte. Wie später für Jose war auch für seinen Onkel das Schreiben der
einzige Ausweg in seinem Leben. Ich glaube, er starb in der Illusion, in seiner Kunst weiterzuleben
- ein Beispiel, dem man nicht nacheifern sollte.ni
Dieser Onkel verkehrte in Künstler- und Gelehrtenkreisen und verbrachte vor dem Krieg einige
Zeit am Oberrhein, wobei er Orte besuchte, die Jose später ebenfalls kennenlernen sollte. Von
dieser Reise in den Breisgau schickte Oktave einige Postkarten mit dem Datum „September
1902", die Jose aufbewahrte. Beim Betrachten der Bilder wurde ihm bewusst, dass er das
Freiburg von vor dem Ersten Weltkrieg noch kurz vor seiner Zerstörung genau so gesehen hatte
wie vor ihm sein Onkel. Jose sah in ihm viele Ähnlichkeiten; er identifizierte sich als
Jugendlicher mit ihm und wollte das erreichen, was jenem nicht geglückt war: ein Werk zu
schreiben, das die Zeit überdauern würde. In seinem Kommentar vom Dezember 1979
bezweifelt Cabanis, dass ihm dies gelungen sei, und resignierend stellt er fest: Ich werde
schließlich genau so scheitern, nur bewußter und daher schmerzhafter?29
Abb. 75: Blick durch das Schwabentor in die Brotstraße
328 Cabanis, Petit entracte, S. 38.
329 Ebd. S. 39.
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