Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 16
(PDF, 62 MB)
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III. Die Klostervogtei

Nun soll auf die Institution der Maulbronner Klostervogtei eingegangen werden. Wie wir gesehen
haben, hatte das junge Kloster einen geeigneten Wohnsitz gefunden, aber wie waren seine
Beziehungen zu den weltlichen Machthabern? Jedes Kloster hatte einen adligen Vogt, der es
schützte und in hochgerichtlichen Fällen vor Gericht vertrat. Letzteres war nötig, weil Klöster
im Mittelalter noch über keine hohe, d. h. Blutgerichtsbarkeit verfügten. Man unterscheidet
zwischen der hohen oder Schutzvogtei, die den Schutz des Klosters beinhaltet und der niederen
, die aus der Gerichtsbarkeit über die Lehnsleute eines Klosters besteht. Beides konnte in
der Hand derselben Person liegen, musste aber nicht. Ein Kloster konnte auch durchaus auf
verschiedenen Besitzungen unterschiedliche Inhaber der niederen Vogtei haben. Dies war bei
Maulbronn der Fall, wie wir noch sehen werden.

Die ersten Urkunden Speyerer Provenienz für Maulbronn belegen noch keinen Anspruch auf
eine bischöflich-speyerische Schutzvogtei über das Kloster. Von einer Vogtei ist nicht die Rede.
In den späteren Urkunden Speyerer Provenienz für Maulbronn ist hingegen explizit gesagt,
dass der Grund und Boden, auf dem das Kloster stand, vom Bischof von Speyer stammte und
daher dem Bischof die Vogtei über Maulbronn zustünde.

An dieser Stelle sei ein kurzer Exkurs zur generellen Vogteipolitik der Zisterzienser erlaubt:
Zisterzienserklöster waren bestrebt, ihre Autonomie zu wahren und wichen Herrschaftsansprüchen
Dritter daher gerne aus, um ganz im Religiösen leben zu können. Die Vogtei über die
Klöster im Sinne eines Schutzes hatten die Zisterzienser im Gegensatz zu der in der Forschung
lange vertretenen Meinung allerdings nie explizit zurückgewiesen, sie versuchten nur, diese
Verhältnisse möglichst in der Schwebe zu halten. Viele Klostervögte (meist Adlige) bereicherten
sich nämlich schamlos auf Kosten der bevogteten Klöster. Darüber hinaus nahmen Vögte
oft auch Einfluss auf innerklösterliche Angelegenheiten, wie Abtwahlen. Die Zisterzienser versuchten
dies zu umgehen, indem sie im Jahre 1203 als Klosterprinzip festlegten, dass Vögten
grundsätzlich keine Abgaben zu leisten waren. Es hatte sich allerdings inzwischen im Orden
gezeigt, dass man weder auf die hohe Vogtei, also den Schutz des Klosters, noch auf die niedere
Vogtei, den Rechtsbeistand vor weltlichen Gerichten, verzichten konnte. Wir würden
heute von Sachzwängen sprechen, die den Orden nötigten, das ursprüngliche Ordensprinzip
der vollkommenen Befreiung von weltlichen Gewalten einzuschränken.

Vor diesem Hintergrund wollen wir genauer auf die Vogteiverhältnisse Maulbronns eingehen,
die über die Jahre hinweg immer wieder zu erheblichen Spannungen führten. Schon Friedrich
Barbarossa hatte im Jahre 1156 das Kloster unter seinen Schutz genommen. Der Kaiser war
außerordentlich zisterzienserfreundlich und arbeitete mit mehreren Zisterzienserklöstern auch
bei der Festigung seiner Hausmachtpolitik eng zusammen. Beispiele dafür sind Salem, Walkenried
und Waldsassen, aber auch Maulbronns Mutterkloster Neuburg, das von Barbarossas
Vater, Herzog Friedrich dem Einäugigen, mitbegründet worden war. Diese vier Klöster wurden
von den Staufern am umfangreichsten mit Privilegien ausgestattet, und bei allen sind staufische
strategische Interessen nachzuweisen. Für den Kaiser war Maulbronn und seine Umgebung
besonders als Bindeglied zwischen dem staufischen Besitz im heutigen Württemberg und dem
salischen Erbe der Staufer in der Pfalz interessant. Außerdem waren die Klöster generell wegen
ihres ausgedehnten Grundbesitzes, wegen ihrer agrarischen Produktionskraft und ihres Reichtums
als wirtschaftliche Zentren Machtfaktoren im mittelalterlichen Herrschaftsgefüge. Daher
verfolgte der Kaiser die Politik, sich durch seine Schutzversprechen die Klöster gewogen zu
machen.

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