Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 53
(PDF, 62 MB)
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Gelehrte wollten die Werke antiker oder mittelalterlicher Autoren lesen, von denen sich vielleicht
nur eine Handschrift erhalten hatte. Zu den berühmten Bibliotheken zählt die in Schlett-
stadt; noch heute arbeiten dort Forscher aus allen Kontinenten.

Alle Wege fuhren nach Rom; das gilt auch für die Straßen durch das Rheintal. Nicht nur in
'Heiligen Jahren' (seit 1300) gab es ein Kommen und Gehen von Pilgern. Seit dem Hochmittelalter
rühmte man Jerusalem, Rom und Santiago als die drei 'großen' Wallfahrten; ungezählt
waren heilige Stätten von regionalem oder lokalem Rang.

Motive der Reisenden - selten nur eins

Weltliche und kirchliche Würdenträger, Händler und Handwerker, Krieger und Studierende
sahen sich durch ihren Beruf genötigt, die Strapazen einer Reise auf sich zu nehmen. Hinter
vielen Reisen stand ein Bündel von Motiven. Das gilt auch für Wallfahrer. Der Glaube, Heil zu
finden, hat viele Menschen zu einer Pilgerfahrt bewogen. Der Historiker muss eine solche
Überzeugung ernst nehmen, obwohl sie sich dem prüfenden Zugriff entzieht.

Pilger wollten Gott ehren, seine Heiligen um eine Gnade bitten oder ihnen für die Gewährung
einer besonderen Aufmerksamkeit danken. Woher wusste man, an wen man sich wenden sollte
? Dieser erhielt im Traum den entscheidenden Rat; Jener stützte sich auf Erfahrungen von
Freunden; ein Dritter irrte hilfesuchend von einem Ort zum anderen. Schließlich half ein Heiliger
, der in der Ferne verehrt wurde; taub schien der zu sein, an dessen Grab man gerade betete
. Man fand sich damit ab, dass ein Gebet hier erhört wurde und dort nicht.

In gewissen Nöten hatten sich bestimmte Heilige bewährt. So baten Eheleute, die sich nach
einem Kind sehnten, die hl. Verena, Gott ihr Anliegen vorzutragen. Hatte sich der Wunsch
erfüllt, pilgerten die Eltern nach Zurzach, um der Heiligen an ihrem Grab mit einer angemessenen
Gabe zu danken. Bei Augenleiden riet man zum Besuch des Heiligtums der hl. Odilia im
Elsaß. In vielen Notlagen hat sich der hl. Theobald in Thann bewährt; man hat Berichte der Pilger
über ihre Herkunft und das Motiv ihres Kommens aufgezeichnet. Nach Ausweis dieser
'Mirakel' sind bemerkenswert viele Männer, Frauen und Kinder aus Nord- und Ostdeutschland
ins Oberelsaß gezogen.

Zu allen Zeiten der Kirchengeschichte hat es das stellvertretende Gebet gegeben, etwa der
Eltern für ihr Kind. Im Spätmittelalter hat man Frauen und Männer, die als fromm und zuverlässig
bekannt waren, zu heiligen Stätten entsandt; dort sollten sie anstelle eines Kranken,
Gebrechlichen oder Verstorbenen beten. Mancher wollte mit der Entsendung eines Pilgers ein
früher eingegangenes Gelöbnis einlösen. So verpflichtete der Lübecker Bürger Clawes (Nicolaus
) Stenrot im Jahre 1406 seine Testamentsvollstrecker, je einen Pilger nach Thann im Elsaß
und nach Wilsnack in Brandenburg zu entsenden, to Salicheit und to Tröste myner Sele (zur
Seligkeit und zum Tröste meiner Seele).

Nicht zu vergessen sind Push and Pull-Effekte. Fortgetrieben sahen sich Menschen von drohendem
Unheil: Man hörte, die Pest sei in der Nachbarstadt ausgebrochen; was lag da näher,
als eine schon seit Längerem geplante Reise anzutreten? Auf solche Weise ist manche Seuche
allerdings weiter ausgebreitet worden. Anziehend wirkte die Aussicht auf Gewinn oder Hilfe.
Nachgeborene adlige Söhne erhofften sich von der Beteiligung an einem Kriegszug Beute,
vielleicht gar sozialen Aufstieg. Ständig überlastete Frauen dürfte es verlockt haben, eine Zeit
lang dem Schlamassel des Alltags, den Sorgen um die Familie, dem Haushalt oder behinderten
Angehörigen entfliehen und endlich einmal zu sich selbst kommen zu können. Widerstand der

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