Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 69
(PDF, 62 MB)
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Brücken-, Geleit- und Wegezölle, Fähr-, Fuhr- und Schiffsgelder sowie die Vergütung von
Dolmetschern. Arme Pilger sollten von gewissen Gebühren befreit sein; doch häufig kam es zu
Streit, etwa mit Fährleuten, die auf Einnahmen angewiesen waren. Trinkgelder und 'Verehrungen
' öffneten Wege und Türen.

Arme Schlucker haben es zu allen Zeiten verstanden, sich durchzubetteln. Mitleiderregendes
Aussehen und gute Umgangsformen ließen die Herzen schmelzen, erst recht, wenn der Bittsteller
über die Gabe zu unterhalten verfügte, anspruchslos und zuverlässig war. Legenden propagierten
das Ideal des Wohlhabenden, der unterwegs mit dem Armen teilt und hoffen darf, im
Jenseits belohnt zu werden. Gutbetuchte nahmen deshalb Hungerleider unter ihre Fittiche,
kamen auf für Speis und Trank, die Bootspassage oder die Herberge.

Unterwegs ließ sich sogar Geld verdienen. Mancher verdingte sich für ein paar Tage bei der
Getreideernte und bekam am Ende einen Zehrpfennig, wenn nicht mehr. Andere beförderten
Briefe und Wertgegenstände. Aktivierte ein Kaufmann Reserven für eine Pilgerfahrt, konnte er
unterwegs auch sein Geschäft fördern. Zurzach war Pilgerziel und zugleich Schauplatz einer
überregionalen Handelsmesse (Ähnliches galt für Siegburg und für St. Denis bei Paris). In welche
Kategorie von Reisenden sollte man handelstüchtige, gottesfürchtige Zeitgenossen einordnen
?

Mancher trug einen kostbaren Gürtel, den er unterwegs verkaufen wollte, um laufende Ausgaben
zu bestreiten. Wer aus dem Ostseeraum in die Ferne pilgerte, rechnete damit, für Bernstein
- leicht an Gewicht, leicht zu verstecken - umso mehr zu erzielen, je weiter er sich von den
Fundplätzen der ,Steine' entfernte.

Von einer recht unkonventionellen (?) Art, die Kosten einer Reise zu bestreiten, erzählt ganz
unbefangen Jacobus, Dominikanermönch und Erzbischof von Genua, in einer seiner Legenden.
Legende heißt ja: was gelesen, vorgelesen werden soll, also nicht heimlich unter der Bettdecke
. Eine später als heilig verehrte Maria wollte einst von Ägypten nach Jerusalem reisen, um
das Heilige Kreuz zu verehren. Als die Schiffer den Lohn für die Überfahrt verlangten, „antwortete
ich: 'Den kann ich euch nicht geben; aber nehmt meinen Leib und macht euch mit dem
bezahlt.' Also nahmen sie mich mit, und mein Leib war ihnen das Fährgeld. "

Dienste konnte man auch innerhalb einer Gruppe erbringen. Wer mit einem Esel kam, auf den
die Reisegefährten ihr Gepäck legen durften, wird sich nicht gesträubt haben, wenn die Entlasteten
für laufende Gebühren aufkamen. Begüterten lag an zuverlässigen Reisebegleitern, die
als Dolmetscher, Wegkundige und als Statussymbol dienten, gegen angemessene Vergütung.

Im Spätmittelalter haben sich vielerorts Frauen und Männer bereit erklärt, stellvertretend für
Lebende oder Verstorbene eine Pilgerfahrt auszuführen. In Lübecker Testamenten aus dem 15.
Jahrhundert wird dann verfügt, die betreffende Person solle „bequem" reisen können, nicht
zum Betteln gezwungen sein, redeliken belohnt werden; einmal heißt es schlicht: uppe dat he
so vele truweliker vor my bidde. Wollte jemand ohnehin in die Ferne wallen, winkte ein Teilstipendium
; so lesen wir in einem Testament: ut ero particeps suorum vestigiorum, „auf daß
ich Teil habe an seiner/ihrer Reise" (des Pilgers bzw. der Pilgerin). Über die Problematik von
'Mietpilgern' hat man offensichtlich nicht lange nachgedacht. Die in Lübecker Testamenten
verfügten Wallfahrten lassen einmal mehr die große Bedeutung der 'Rheinschiene' erkennen;
bemerkenswert viele Pilger wurden nach Köln, Thann und Einsiedeln entsandt.

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