Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 76
(PDF, 62 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2007-26-27/0078
Was Burger in jungen Jahren wachen Sinnes beobachtet hatte, fasste er als alter Mann anschaulich
in Worte. Sein Buch gehört zu den Reiseberichten, die seit dem 17. Jahrhundert in ganz
Europa immer beliebter und zu einer einflussreichen Gattung der Gebrauchsliteratur wurden.
Das Nebeneinander von liebevoll ausgemalten Szenen und gerafften Überblicken lässt an den
Wechsel von Zeitlupe und Zeitraffer in einem Film denken. Burger stützte sich auf ein offensichtlich
gutes Gedächtnis, sorgsam aufbewahrte, in das Raisbüechlin eingeflochtene Dokumente
sowie Notizen, die er tagebuch- oder annalenartig geführt haben dürfte - daheim wie
unterwegs. So lassen sich am ehesten die vielen genauen Angaben erklären.

Das bislang fast unbeachtet gebliebene Raisbüechlin bildet für die Geschichte des Breisgaus, der
Zisterzienser, des Reisens, der Kultur des 17. Jahrhunderts insgesamt eine wertvolle Quelle.
Burger bringt charakteristische Einzelheiten, von denen andere zeitgenössische oder moderne
Darstellungen oft schweigen: Seine freimütigen Berichte über Erfahrungen in fremden Klöstern
sind auch deshalb willkommen, weil Handbücher zur Kirchengeschichte das Mönchtum
des 17. Jahrhunderts eher stiefmütterlich behandeln.

Ausweichen vor den Gräueln des Krieges

1632 müssen die Tennenbacher „ mit Sack und Pack" in ihren Hof nach Freiburg fliehen. Als
die Vorräte zur Neige gehen - zeitweilig hat man hier auch die Zisterzienserinnnen aus Wonnental
und Friedenweiler (bei Neustadt) beherbergt - muss sich der Tennenbacher Konvent auflösen
. Burger wird zu Ordensbrüdern nach Wettingen im Aargau geschickt, andere in die
Niederlande bzw. nach Tirol. Später wird Burger Mönchen und Nonnen aus südwestdeutschen
Klöstern begegnen, die in Frankreich wie in der Steiermark Sicherheit gesucht haben.

Wehmütig denkt Burger an den „leidigen Tag" zurück, an dem „die Kinder vom Vater und der
Vatter von den Kinderen mussten abgerissen werden ". Abt Adam lud zu einem traurigen Mahl
ein, „als gleichsam wie Christus mit seinen Jüngeren das Abentmal gehalten". Am nächsten
Morgen sprach er den Scheidenden einzeln unter heißen Tränen väterlich zu, sich allenthalben
„wohl und geistlich" zu verhalten, wie sie „getreulich seyen unterwisen" worden; darauf überreichte
er jedem einen „guoten Zeerpfenning und sein Obedienzbrieff, und fiel jedem umb den
Hals, gab ihm den letzten vätterlichen Kuß und Benediction ". Burger hat das Abschiedsessen
erlebt als Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu. Verständlich waren die Sorgen des Abtes.
Erzwang Brand oder, wie hier, Krieg die Zerstreuung des Konventes, war die Beobachtung
klösterlicher Zucht erschwert, wenn nicht unmöglich.

Burger sah die meisten seiner Mitbrüder wieder, von denen nach einer Liste offensichtlich keiner
durch unmittelbare Feindeinwirkung sein Leben verloren hat - ein Zeichen für die guten
Überlebenschancen von Mitgliedern eines Ordens mit internationalen Verflechtungen.

Als Burger später von Clairvaux aufbrach, gaben ihm fünf „ Coexulen " drei Stunden weit das
Geleit; einer trug Burgers Ranzen, ein anderer eine große Flasche mit bestem Wein. Als man
endlich voneinander scheiden musste, „trugen wir auff dem weiten Feld ein großen Hauffen
Stain zusammen zu einem ewigen Memorialzeichen und trancken den Wein aus. Theilten uns
also von einander, ich Langres zue, sie aber wider Claravall zue". Feierliches Mahl stiftet
Gemeinschaft, und diese verlangt geradezu nach einem Zeichen, das sich den Handelnden einprägt
und Außenstehende auf das Besondere eines Ereignisses hinweist.

Seit den frühesten Zeiten der Kirchengeschichte ließen Reisende sich Empfehlungsschreiben ausstellen
. In dem lateinisch abgefassten „Obedienzbrieff" bzw. „Dimissorialschreiben" (50 ff.)

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