Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 80
(PDF, 62 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2007-26-27/0082
In Frankreich leben Franzosen

Die Welt, die Burger jenseits des Jura kennen lernte, blieb ihm bis zum Ende seiner Reise
fremd - wohl auch deshalb, weil er sich in Altenryf nur rudimentäre, wenn auch ausbaufähige
Französischkenntnisse hatte aneignen können. Immerhin war ihm in Orleans, wo er in einem
Zisterzienserinnenkloster für fünf Tage Obdach fand, schon ein kleiner Triumph vergönnt. Der
Beichtvater des Konvents nutzte das Gespräch mit ihm, um seine Lateinkenntnisse aufzubessern
; dafür dolmetschte er Burgers Unterhaltung mit den Nonnen. Nachmittags kommt man
also - gelegentlich für zwei oder drei Stunden - in der „Redstub " zusammen; die Monialen jenseits
, die beiden Männer diesseits des „Redgitters", das so weite Löcher gehabt habe, „daß
man schier eine Hand dardurch stoßen khondt". Burger will nur dann Rede und Antwort stehen
, wenn die Nonnen den „schwarzen Flor" von ihren Gesichtern nehmen, damit er sehen
könne, „ob sie auch so hübsch oder schön seyen als die Closterfrauen in Teutschland". Artig
erfüllt man die Forderung des zu dieser Zeit gerade 21 Jahre alten Mönches.

Eine Zeitlang kann Burger so tun, als verstehe er die Landessprache nicht. Als die Äbtissin sich
einmal auf Französisch mit dem Beichtvater über den Gast unterhält, hat der sein Gesicht nicht
unter Kontrolle; eine der „ beywesendten Closterfrauen " verrät der Äbtissin: „ O Frau Muetter,
er hatt dieses wohl verstanden; er hat drüber glächelt, was ihr von ihme geredt habet. " Nun
nötigen die Nonnen Burger, die Unterhaltung auf Französisch fortzuführen, worüber sie „ihr
größtes Wohlgefallen und Recreation" gehabt hätten, da er das Französische noch „zimblich
läppisch" ausgesprochen habe.

Die Fremdheit des anderen Kulturkreises sei an weiteren Erlebnissen verdeutlicht. Auf der
Rückreise labte Burger sich in einem Kloster an Kalbsbraten und köstlichem Burgunderwein.
„Ich zechte tröstlich und schenckte mir selbsten eins übers ander ein. " Da er den Wein ohne
Wasser trank, meinten die Franzosen, er werde „bald artige Gerbärden treiben". Menschen aus
dem germanischen Sprachraum begegnen noch heute in der Romania Befremden, wenn sie
Wein unvermischt trinken.

In Roanne wurde Burger, während er auf die Fähre warten musste, Zeuge eines ihm widerlichen
Schauspiels, handelte es sich doch nicht nur um Unbefangenheit gegenüber dem unbekleideten
Körper: Die Loire war „voller nackhendten Männer"; vom Ufer schauten „Stattweiberen
und Jungfrauen" zu. Leichtfertig habe man einander „mit schandligsten Gebärden zue
übertreffen " gesucht. Nicht genug damit: Zwischen Stadtmauer und Fluss wurde gefeiert; unter
die Tanzenden „vermischetn" sich auch die nackten Männer! Dieses Treiben löste in Burger
Zweifel an der göttlichen Gerechtigkeit aus: „Da gedachte ich bey mir selbsten, ich glaub nit,
daß in ganz Teütscbland solche Abscheüligkeiten geschehen; wann dann Gott das Teütschland
strafe umb ihre Sünde willen, sey es schier unmöglich, daß er Franckreich ungestraft lasse. "

Wallfahrten und Bildungsreisen

Das Raisbüechlin zeigt das Nebeneinander von Pilgerreisen, die seit der Antike Millionen von
Menschen in die Fremde geführt haben und Kavalierstouren, die im 16. Jahrhundert einsetzen
und auf den Bildungstourismus späterer Jahrhunderte hinweisen. Wenn man Burger das
Geburtshaus und das Grab des hl. Bernhard zeigt, dessen Wirkungsstätten und Wunder erläutert
, dann entspricht das Bekundungen der Heiligenverehrung, wie sie aus dem Mittelalter
bekannt sind.

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