Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 83
(PDF, 62 MB)
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ken. Jedem wurde nur so viel Wein eingeschenkt, wie ein Messwein-Gläschen fasst. Abends
statt warmer Kost nur ein „Gläslin" mit Wein und ein „Mütschelin"', ein aus feinem Weizenmehl
gebackenes Brötchen. Auf Klagen über die karge Verpflegung setzte man ihnen eine größere
Schüssel vor, „ aber nit mehr darin gethan als zuevor in die kleinere ", nur ein zusätzliches
„ Gläslin" mit Wein - doch bekamen die eigenen Leute auch nicht mehr. In La Ferte dauern
Burger die Mönche: „Der Prälat war alt und selzsam, die Conventualen muesten schier Hunger
leiden."

Nach dem mageren Frühstück forderte der Prior von Bellevaux seine Gäste auf, das Kloster zu
verlassen, da man für diesen Tag den Abt und Erzbischof erwarte. Der Hinweis Burgers auf
seine vom Frost böse zugerichteten Füße fruchtete nichts, auch nicht die Frage, ob man sie für
„Hünd" halte - ein Vorwurf, der sich wie ein roter Faden durch die Frankreichkapitel des Rais-
büechlin zieht.

Da sie „etliche solche schandtliche Mißbräuch nit leiden mochten", beschlossen Burger und
Leuthin, entgegen der Anordnung ihres Abtes nicht in Morimond zu bleiben. Dessen Abt residierte
wieder einmal fern vom Kloster in seinem „Schlößlin"; deshalb las Burger beim
Abschied dem Vertreter die Leviten. Die Regel bittet den Abt zu überlegen, ob Gott den durchreisenden
Mönch nicht vielleicht eigens gesandt habe; Benedikt war davon ausgegangen, dass
der Gast „mit Vernunft und bescheiden" etwas tadele oder auf etwas aufmerksam mache. Von
Bescheidenheit ist Burger weit entfernt. Boshaft lässt er sich über die Kopfbedeckung des
Priors aus: Über dem Barett eine Kapuze, „ und hatte also ein Kopf so groß als ein Sester" (ein
Hohlmaß von etwa 15 Litern Inhalt, mehr also als ein Putzeimer). Dann hagelt es Vorwürfe:
Sie müssten bitteren Hunger leiden und nachts frieren; „wir werden eben gehalten wie die
Hünd". Wo es geschrieben stehe, dass Mönche „außer der Zeit unordentlicher Weis" in den
Winkeln miteinander essen und trinken?! Nach längerem Schweigen gesteht der Prior, nicht
gewohnt zu sein auf Latein zu antworten; schließlich gibt er „halb französisch, und mit halb
lateinischen Brocken" zu verstehen, er wolle dem Abt berichten.

... Kirchengebäude und geistliches Leben verfallen

Burger ist verblüfft über den Gegensatz zwischen oft reich geschmückten Kirchen und der
Unordnung innerhalb der alt-ehrwürdigen Klöster. Nachdem er und Leuthin in Bellevaux morgens
ihr Stundengebet gesprochen haben, gehen sie in die Kirche, „ am Gebau überaus schön
und groß"; doch haufenweise Schmutz auf dem Boden, der wohl in hundert Jahren „nit gesäubert
" worden sei. Lange - bis um 9 Uhr - müssen sie auf die Messe warten; die liest endlich
jemand „in solcher Eyl, daß einer nit wohl ein halben Rosenkranz darbey betten kondt, kein
Kerz (am Crucifix zweifle ich) war auf dem Altar, sunder beiseits in einem Loch in der Mauren
". Die Wirkung: „ Wir ärgerten uns mehr ab diser Meß, als wir Andacht darbey kondten
haben. "

Hatte der Tischleser in Morimond zwei Zeilen gelesen, schwieg er „ein halb Viertelstundt
wider still". In Clairvaux, wo man die Fremden freundlich aufnahm, habe das große, seit vielen
Jahren nicht mehr genutzte Refektorium „voller alten Fässeren und Grimpel gelegen".

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