Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 127
(PDF, 62 MB)
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10 000 - waren ehedem Stätten eines regen Geisteslebens, und das mitnichten allein für Patres
und Chorherren, sondern sehr wohl auch für Gelehrte und sonstige Interessenten von außerhalb
. Während bei den Universitäten des 18. Jahrhunderts die Lehre im Vordergrund stand,
widmeten sich die Klöster - begünstigt durch den von den Gebetszeiten vorgegebenen gleichmäßigen
Tagesablauf- nicht selten einer intensiven Forschung auf ganz verschiedenen Gebieten
, neben der Theologie, dem Kirchenrecht und den Geisteswissenschaften auch der Landwirtschaft
, den Naturwissenschaften und der Technik. In Ochsenhausen unterhielt man eine
eigene Sternwarte, in Ottobeuren pflegte man die Wetterbeobachtung und ebenfalls in Ottobeuren
und Kaisheim experimentierte man mit aerostatischen Maschinen [Heißluftballone],
den ersten - wie der Ordensmann Johann Nepomuk Hauntinger schreibt -, welche den schwäbischen
Luftkreis betraten. Zahlreiche Ordensleute waren Mitglieder wissenschaftlicher Akademien
, namentlich jener in München.

Wenn das bewegliche Inventar der Abteien, Kirchen und Klöster heute nur noch in Resten vorhanden
und nicht selten in alle Winde verstreut oder verloren ist, so hat man die Schuld dafür
gewiß nicht bei den alten Klöstern, sondern bei den neuen Herren zu suchen. Ein besonders
wertvolles Kreuz aus St. Trudpert im Münstertal beispielsweise geriet so in die Eremitage nach
St. Petersburg. Vieles ist einfach der Achtlosigkeit zum Opfer gefallen, und noch in unseren
Tagen werden Kulturgüter geistlicher Provenienz, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in weltliche
Hände gelangten, auf Auktionen in alle Welt verhökert. So gibt nicht zuletzt der Katalog
der spektakulären Markgrafen-Auktion von 1995 auf dem Neuen Schloß in Baden-Baden
Zeugnis von der Höhe der Kunst und Kultur in den vergangenen geistlichen Herrschaften im
Schwarzwald und am Oberrhein - und von deren skandalöser Verschleuderung.

Auf dem Gebiet des Elementarschulwesens waren die geistlichen Staaten am Ende des 18.
Jahrhunderts führend, auch und vor allem in Franken und Süddeutschland. Im Erzstift Mainz
wurde in den 1760/70er Jahren das Erziehungswesen einer umfassenden Reform unterzogen,
und im Hochstift Speyer brachte 1785 der verschrobene Bischof Limburg-Stirum mit einer
vielgerühmten Schulordnung die bereits unter seinen Vorgängern Schönborn und Hutten eingeleitete
Schulreform zu einem zeitgemäßen und auf lange Sicht mustergültigen Abschluß. Vor
allem aber die Klöster boten den unteren ländlichen Schichten Ausbildungs- und Bildungsmöglichkeiten
, die mit der Säkularisation zunächst einmal entfielen, sehr zum Schaden der
Bevölkerung und ihrer Karrierechancen. Die Benediktiner von Schwarzach am Rhein erließen
bereits um die Mitte des 17. Jahrhunderts mehrere Schulordnungen und erneuerten sie im 18.
Jahrhundert verschiedentlich. Die Klosterschule und das Gymnasium der Zisterzienser von
Salem waren allseits ganz besonders hochgeschätzt. Deshalb unterließ das Haus Baden 1803 -
um ein größeres Aufsehen zu vermeiden - ihre förmliche Aufhebung, kassierte aber kurzerhand
die finanzielle Ausstattung des Gymnasiums.

Auf die Frage nach dem Verhältnis der geistlichen Staaten zur Aufklärung soll hier nicht näher
eingegangen werden. Weil aber der Vorwurf der konfessionellen Enge zu den beliebtesten
gehört, die gegenüber Bischöfen und Prälaten des Alten Reiches immer von neuem erhoben
werden, sei wenigstens noch darauf verwiesen, daß der Würzburger Bischof Friedrich Karl von
Schönborn nicht nur dafür sorgte, daß die Kitzinger Protestanten eine eigene Kirche erhielten,
sondern diesen Kirchenbau auch aus eigener Tasche finanziell unterstützte; sein Nachfolger
Franz Ludwig von Erthal besuchte 1785 die lutherische Hauptkirche der Reichsstadt Heilbronn
und unterhielt sich auf das leutseligste mit dem dort angestellten protestantischen Pfarrer; und
der hier schon mehrfach erwähnte Speyrer Bischof von Limburg-Stirum ließ Angehörige der
protestantischen Minderheit in Bruchsal mit Hofkutschen zum Sonntagsgottesdienst in weiter

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