http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2007-26-27/0175
voraussetzt. Wie dieser Aufsatz ausgesehen
haben könnte, verrät das Vogelschaugemälde
von 1753. Dort ist das zweite in der Chronik
genannte Portal zum Kirchhof innerhalb der
Umfassungsmauer zu erkennen, über dem sich
ganz klein ein so genannter gesprengter Giebel
mit steiler Pyramide erhebt. Es handelt sich
dabei offensichtlich um den über die Mauerkrone
ragenden Aufsatz einer Portalarchitektur
, welche sich auf der vom Betrachter abgewandten
Seite der Umfassungsmauer befindet.
Das eigentliche Kirchenportal scheint auf dem
Gemälde von einem der Strebepfeiler verdeckt
sein. Stilistisch lassen sich die Formen der beiden
Portale der Zeit um 1603 sehr wohl zuordnen
.
Wie Befunde im 1. Obergeschoss von Hausnummer
23 deutlich machen, waren beim
Umbau aber nicht nur Kellerräume und Kornspeicher
eingerichtet worden. Hier sind die
Deckenbalken mit Fasen (gebrochenen Kanten
) geziert, es gab innen liegende Fachwerkwände
und nahe der Nordwestecke kam beim
Umbau eine Fenstersäule zum Vorschein. Sie
war einst zwischen zwei dicht nebeneinander
liegenden Fensteröffnungen platziert, von
denen die westlich gelegene später zugesetzt und dabei die Säule eingemauert wurde" . Die
Säule ist aus einem Stück mit einem klassischen Kapitell aus Werkstein hergestellt, ruht auf
einem aufwändig gearbeiteten, profilierten Sockel - anscheinend ein wieder verwendetes
Werkstück in spätgotischer Formensprache - und trägt einen Kämpfer in Form eines einfachen
Holzstücks. Zusammengerückte Fensteröffnungen mit Säule können als typisches Merkmal für
eine Wohn- oder Amtsstube vom 15. bis ins 17. Jahrhundert hinein gelten. Da das oberhalb verlaufende
Auflagerholz für das Deckengebälk tief ins Mauerwerk eingebettet ist, dürfte bei der
Anlage dieser Öffnungen das Mauerwerk in diesem Bereich bis zur Traufhöhe abgetragen und
dabei das hier zu vermutende Spitzbogenfenster vollständig entfernt worden sein.
Waren nach dem Umbau unterschiedliche Fensterformen und -formate in der Fassade so verteilt
, wie es die Nutzung der Räumlichkeiten vorgegeben hatte, war man im Verlauf des 18.
Jahrhunderts bestrebt, eine Fassade mit einheitlicher, regelmäßiger Befensterung herzustellen.
Die Maßnahme erfolgte in Verbindung mit dem Bau einer neuen Abtei (siehe unten), mit der
zusammen eine durchlaufende Befensterung mit gleichen Abständen besteht. Diesen Zustand
zeigt auch das Vogelschaugemälde von 1753. Zu deren Schaffung wurden die vorgefundenen
Fensteröffnungen teilweise belassen und neue Öffnungen angelegt. Für die westlichsten Fensteröffnungen
bedeutete dies, dass sie in die Mauerstärke der einstigen Westfassade der Kirche
hinein verzogen worden sind. Bei diesem Vorgang wurde die oben erwähnte Fenstersäule funktionslos
und daher eingemauert. Die Innenräume wurden damals neu ausgestattet, mit einer
zeitgemäßen Ofenanlage versehen und vermutlich weitere Räumlichkeiten im 2. Obergeschoss
eingerichtet.
Abb. 9: Vermauertes Portalgewände in der Nordwand
des Nordflügels in Hausnummer 21, das im
Rahmen des Einbaus einer Kornschütte in den
Westteil der früheren Klosterkirche eingebaut
wurde und Zugang zum verkürzten Kirchenraum
bot. Teile der Portalarchitektur im unteren Teil sind
abgeschlagen und der Portalaufsatz fehlt.
Foto: Stefan King
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