Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 294
(PDF, 62 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2007-26-27/0296
Das schön illustrierte Buch mit seinen Stadtporträts und touristischen Hinweisen kann man als
eine Anregung verstehen, sich mit der Lokalliteratur der beschriebenen Landschaften und Orte
zu beschäftigen, die jeweils vermerkt sind. Spürbar ist in dieser Publikation das zunehmende
Bedürfnis nach Überschaubarkeit in einer globalen Welt der Irritationen und Orientierungslosigkeit
, die viele Menschen bedrängt.

Bankett der vergessenen Frauen - Lebensspuren aus dem Kreis Emmendingen
auf Porzellan gemalt

Hrsg. von der Malwerkstatt 800 Grad, Emmendingen, Kenzingen 2005 (Eigenverlag Malwerkstatt
800 Grad e. V.), 107 S. mit vielen farbigen Bildtafeln. Preis: Euro 22,00

Unserer Erinnerung verdanken wir den Zugang zur Geschichte. Ohne sie gäbe es weder eine
Identität, weder Kunst noch Kultur. Innerhalb der sozialen Strukturen gab es schon immer den
Einzelnen, jenen Menschen im Alltag, im Bereich des Politischen und des Geistigen, der mittels
seiner Existenz und seines tätigen Wirkens erkennbare und prägende Spuren hinterlassen
hat. Leider sind dabei die Frauen oft übersehen worden. Sie haben nur selten einen Chronisten
gefunden.

Um ein Zeichen zu setzen, damit es nicht immer so bleibe, kam es zu dem Projekt "800 Jahre
& 1 Tag". Acht Porzellanmalerinnen aus dem Kreisgebiet sind den Lebensspuren von 39 vergessenen
Frauen unserer engeren Heimat nachgegangen und haben ihre Existenz und ihre Kreativität
in symbolhaften Bildzeichen auf große Teller gemalt. Damit diesem Unternehmen über
die Ausstellungen in Emmendingen und Kenzingen hinaus Nachhaltigkeit zukomme, haben die
Initiatorinnen Luzi Oehring und Marlies Raub diese kunsthandwerklichen Objekte in Buchform
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und ergänzend dokumentiert. In Anbetracht der
Fülle der dargestellten Beispiele ungewöhnlicher, unangepasster Frauen aus der Region ist es
geboten, sich zu beschränken auf jene Lebensläufe, die im weiteren Sinne mit der Kenzinger
Lokalgeschichte verknüpft sind.

Marlies Raub hat mit Geschick und ästhetischer Fantasie Texte und Bilder in Beziehung
gebracht. Stellvertretend für die Äbtissinnen von Kloster Wonnental ist Susanna II. aus dem
adligen Kenzinger Geschlecht der Zünden in Erinnerung gebracht (t 1472). Auch Magdalena
und Margarethe Beutler waren Nonnen. Als Clarissinnen standen sie den Mystikerinnen des
15. Jahrhunderts nahe und wurden von den Gläubigen hoch verehrt. Die 1786 in Herbolzheim
geborene Bernharda Bilharz (aus der Familie des Tropenforschers), spätere Priorin und Lehrfrau
im Freiburger Adelhausenkloster, soll eine intelligente und außergewöhnliche Frau gewesen
sein. Mehr dem politischen Leben zugewandt verlief das Leben der Kenzingerin Karoline
Enghauser, geborene Beiger. Sie war eine unternehmungslustige Frau und gehörte dem führenden
Kreis der 1848er Freischärler an. Trotz der Haftjahre im Zuchthaus Bruchsal ließ sie
sich von ihren Lebensvorstellungen nicht abbringen. Auch Maria Antonia Stehlin aus Etten-
heim wurde wegen „aufwieglerischen Reden" zu einer Zuchthausstrafe verurteilt, konnte sich
aber durch ihre Flucht der Vollstreckung entziehen. Schlimmer erging es Anna Trutt aus Wyhl,
die man, 1751 fälschlich als Hexe angeklagt, qualvoll auf dem Scheiterhaufen verbrannte. Dieses
Schicksal hätte auch Lore Haag treffen können, wäre ihr Leben nicht im 20. Jahrhundert
abgelaufen. Zwar hat die tapfere Frau im Widerstand gegen das geplante Atomkraftwerk Wyhl
viele Anfeindungen und Beleidigungen ertragen müssen; aber als „Mutter Courage vom Kaiserstuhl
" hat sich ihr Einsatz gelohnt.

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