Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
28. und 29. Jahrgang.2008/2009
Seite: 29
(PDF, 48 MB)
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Seit dem 14. Jahrhundert erscheint an dieser exponiert gelegenen Stelle das dort gelegene,
wichtige Gebäude der Stadtherren in Schriftquellen17. In einem Brief Friedrichs von Osenberg
an seinen Bruder Hug spricht er 1343 von dem huse, das er in der stat Kentzingen gebuwet
hat18. Das „Haus" des adeligen Stadtherrn kann gemeinhin auch als Ortsburg oder zumindest
Herrschaftshof angesprochen werden. Mit dem Herrschaftswechsel gelangte das Haus an den
Markgrafen Heinrich von Hachberg, der davon jährlich 4 fl. zinste: von unserem huse, das wir
ligende habent ze Kentzingen in unser Stat uf der Ringmuren in des von Kapeigassen19. Da das
Anwesen deutlich von der Stadtmauer abgerückt ist, könnte dies ein Hinweis auf die Ummau-
erung sein, die sich an der Goldgasse noch abzeichnet. Das Gebäude, das zum einem als Wohnort
des Stadtherrn aber auch administrativen Zwecken der Herrschaft diente, wurde auch als
das grosse hus der Herrschaft Usenberg bezeichnet20. Der enge Zusammenhang mit der Stadtherrschaft
wird beim erneuten Herrschaftswechsel von 1369 dokumentiert. In der damals aus-
gestellten Stadtrechtsurkunde behielt sich Herzog Leopold von Osterreich ausdrücklich dieses
Hus in Kapellen gassen sowie den Ackerhof vor21.

Das Haus des Stadtherrn brannte im Dreißigjährigen Krieg bis auf die Grundmauern nieder.
Aus den Unterlagen zum Neubau des Spitalhofs erfahren wir, dass dieser rückwärtig unmittelbar
an diesen Herrschaftshof grenzte22. Erst 1768 wurde das heute bestehende Gebäude als
Amtshaus wieder errichtet (Abb. 6). Das zweigeschossige Wohnhaus mit Mansarddach besitzt
in der Mittelachse über dem Eingangsportal einen polygonalen Erker. Seit 1788 befindet sich
darin eine Apotheke.

Von der ehemaligen Bebauung vor dem 18. Jahrhundert fanden sich beim Anbau der Apotheke
/Drogerie um 1970 archäologische Spuren23. Diese wurden von keinem Geringeren als von
Dr. Karl List dokumentiert, dem aus Lahr stammenden Doyen der Mittelalterarchäologie in
Baden, der 2008 100-jährig verstorben ist. Er hat die Fundamentreste, die beim Bau der Stadtapotheke
freigelegt wurden, beschrieben und in einem Plan festgehalten. Er dokumentierte in
der Baugrube eine 18 m lange und 0,6 m breite, aus Sandstein aufgesetzte Mauer entlang der
Parzellengrenze. An deren Südwand lehnte sich die 13 m lange, aus Kalksteinen vermörtelte
Fundamentmauer eines abgegangenen Gebäudes an. An der Längsseite war das Fundament
lediglich 55 cm breit, während es an der Rückfront 1,6 m stark war. Zur Straße hin wurde ein
weiterer, parallel zur Hauswand verlaufender, 45 cm starker Mauerzug erfasst. Die dokumentierten
Baureste lassen zwar keine exakte Rekonstruktion und Datierung der abgegangenen
Gebäude zu, belegen aber die aus Urkunden abzuleitende Existenz eines großen Gebäudekomplexes
, den wir in das Umfeld der Stadtherrschaft stellen dürfen.

Zusammenfassung

In Kenzingen hat es nachweislich der archäologischen Quellen mindestens drei mittelalterliche
„Burgen" gegeben. Der Nierlinsberg ist eine frühmittelalterliche Wallanlage, also eher als
Fliehburg denn als adeliger Wohnsitz anzusprechen. Auf dem Eierkuchen, südlich der Stadt,
stand eine klassische Höhenburg, von der sich allerdings nur noch Bodenzeugnisse erhalten
haben. Der ursprünglich Üsenberger Herrenhof an der Eisenbahnstraße gehört in die späte
Phase der Burgenentwicklung, als die Adeligen stadtsässig wurden, um als Stadtherren direkteren
Einfluss auf ihre Kommunen zu haben. Alle drei Burgstellen sind bislang kaum im öffentlichen
Bewusstsein verankert. Es bleibt zu hoffen, dass sie in Zukunft die ihnen in Hinblick auf
die frühe Stadtgeschichte gebührende Beachtung finden werden.

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