http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2009-28-29/0111
(Peter Sloterdijk), wird die neue Anthropotechnik (genetische Manipulation) den homo sapiens
friedliebender machen? Diese Sorge Ochsners teilt heute auch Rüdiger Safranski: "Wer wird
aber das Bild des Menschen wieder aufrichten in jener atomistischen Revolution, die uns ins
Tierische oder in das starr Mechanische hinabführf? "
Der Heimat verbunden
"Seine Herkunft [...] hat Heinrich Ochsner nicht nur nie verleugnet, er hielt an ihr fest als den
Wurzelgrund, von dem sein Leben und Denken ausging und in dem es beheimatet blieb ", vermerkt
Curd Ochwadt in seinen biographischen Notizen7. Die Bindung an die Heimat, die
Erschließung des Raumes unserer Herkunft, die Überschreitung dieser Begrenzung und die
Erhellung ihrer Zusammenhänge, das sind die Qualitäten von Ochsners Geschichtsbewusst-
sein. Zu wissen, wo die schönsten, seltenen Blumen blühn auf den Hängen der Lichteneck, den
Resten des alten Dorfes Kenzingen nachspürend, die Geschichte der Geschlechter der Üsen-
berger und ihre Beziehungen zu den Zähringern und dem Hause Österreich aufzeigend, wie
auch in die Archivalien der Stadt- und Klostergeschichte sich vertiefend und dann noch am
Wein, dem Göttertrank der Region, sich labend; all dies zusammen bündelte der sich als
„Homme de terre " fühlende Erdenbürger in der Aussage: „Ist Heimat haben aber eine Bestimmung
des menschlichen Geistes, dann muss sie selbst beheimatet sein im Geiste8. "
„Der stille große Partner"
Heinrich Ochsner war ein Bruder des von ihm hoch geschätzten Sokrates, ein Mensch des
lebendig mündlichen Gedankenverkehrs. Seine intellektuelle Redlichkeit und seine strengen
Maßstäbe hielten ihn davon ab, seine Wahrheitssuche und seine Zweifel schriftlich zu formulieren
, ausgenommen die wenigen Vortragsmanuskripte und seine intimen brieflichen Mitteilungen
. Er teilte wohl die sokratische Auffassung, der Dialog sei die beste Methode der Meinungsprüfung
, vielleicht auch Piatons Begründung, „ ein Buch könne eben nicht antworten "
(Phaidros, 274 b-278 b). Deshalb haben seine engsten Freunde, der Schriftsteller Curd Ochwadt
und der Freiburger Arzt Erwin Tecklenborg, alles gesammelt, was schriftlich von Ochsner
erhalten geblieben ist. Das 346 Seiten umfassende Buch zeichnet ein einprägsames Bild
von Ochsners Persönlichkeit. Der Erinnerungsband enthält eigene Briefzeugnisse und solche
von Zeitgenossen mit denen er Umgang pflegte, Vorträge und Aufsätze zur Problematik der
Gegenwart. Der Titel: Das Maß des Verborgenen, Hannover 1981. Eine anregende Lektüre für
alle, die für die geistigen und existenziellen Fragen offen sind. Damit diese Persönlichkeit, wie
auch ihr Denken und Wirken nicht der Vergessenheit anheim fallt, hat die Arbeitsgemeinschaft
für Geschichte und Landeskunde in Kenzingen e. V. im Dezember 1981 die Öffentlichkeit zu
einem Gedenken in die Aula des Gymnasiums eingeladen.
In einer bewegenden Laudatio gedachte Universitätsprofessor Bernhard Welte seines einstigen
Geistesfreundes. Nachbarliebe, persönliche Erinnerungen ließ Lotte Frank aufleben. In einem
ausführlichen Referat ging Regina Pruner auf den Inhalt der neu erschienenen Textsammlung
ein. Sie konfrontierte die Anwesenden mit der Fragestellung eines Mannes, der die Gefahren,
die die Menschheit heute noch stärker bedrohen als damals, in ihren Ursachen deutlich erkannte
. Klaviermusik von Händel und Brahms, sowie eine kleine Foto- und Dokumentepräsentation
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