Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 11
(PDF, 63 MB)
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Bekanntermaßen entstanden dann im 13. Jahrhundert, insbesondere durch die Publikationsarbeit
des Dominikanerordens, einige zur allgemeinen Verbreitung vorgesehene, systematisch nach
den Tagen des Jahreslaufs geordnete und für eine universale, verbindliche Geltung bestimmte
schriftliche Sammeltexte mit den jeweils zum Vortrag oder Vorlesen am Festtag geeigneten Geschichten24
. Die 'Legenda sanctorum in uno volumine compilavit' des Dominikaners und späteren
Bischofs von Genua, Jacopo de Varazze/Jacobus von Voragine hat hohe „Popularität"
erlangt. Diese Sammlung von Fest-Hagiografien, geschrieben in den 1260er-Jahren, ist unter
dem Titel „Goldene Legenden" („Legenda Aurea ") bekannt geworden25. Hier wirkten die Bemühungen
um ein einheitlich Orientierungsgebendes Heiligenbild und um die Homiletik (=
Wesen, Inhalt und Gestaltung der Predigt) zusammen, und hier finden wir die gleichsam 'offizielle
' und wohl am meisten verbreitete Fassung der St.-Urban-Erzählung. Das Ursprungsmanuskript
der Legenda Aurea vermerkt 148 Heiligen-Feste26. Der Tag Urbani war eines derjenigen,
das in allen Ausgaben präsentiert war. In diesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben,
dass auch im 13. und 14. Jahrhundert Päpste sich selbst als Kirchenoberhäupter diesen Namen
gegeben haben. Das Pontifikat Papst Urbans IV. (Jacques Pantaleon) 1261 bis 1264 liegt fast
genau in derselben Phase, als die Legenda Aurea verfertigt wurden. Er hat nicht nur den christlichen
Festkalender ausgebaut, sondern gerade auch die Verehrung Urbans I. als Heiligen gefördert27
. Seit 1274 ist der Papstheilige Urban I. in einem Glasfenster der Obergadenreihe des
Straßburger Münsters zu sehen. Die Figur entspricht der Gestaltung noch des späten 13. Jahrhunderts
, mit einer einfachen, unauffälligeren Tiara auf dem Haupt. Die dreireifige Tiara als
charakteristische päpstliche Krone wurde erst von Bonifaz VIII. im frühen 14. Jahrhundert eingeführt
. In ihrer rundlich-geschwungenen, goldenen Opulenz, wie sie die Urbanfigur in Ken-
zingen trägt, ist sie vor allem ein Merkmal des Barock.

Ebenfalls zu erwähnen ist Urban V. (Guillaume de Grimoard), Papst 1362 bis 1370, hochgelehrter
Benediktiner, Reformer und insbesondere ein Befürworter der Rückkehr des päpstlichen
Stuhls von Avignon nach Rom. Dieser Urban wird gegenwärtig im Elsaß als Wein-Heiliger hervorgehoben
.

Der letzte Papst, der sich Urban (VIII.) nannte, war Maffeo Barberini, im Amt 1623 bis 1644.
Während seines Pontifikats wurde der neue Petersdom vollendet. Im 17. Jahrhundert wurden
sowohl die ersten wissenschaftlichen Ausgrabungen in den Katakomben vor Rom vorgenommen
, wobei man auch glaubte, eine Grabkammer des heiligen Urbanus I. entdeckt zu haben.
Vor allem dies stimulierte eine neue Verstärkung und Verbreitung seiner Hagiografie, die ihn
wiederum als einen idealen Oberhirten, eines Gründervaters der Römischen Kirche, eines kirchlichen
Repräsentanten überhaupt namhaft machte: Hier wurden Verhaltensweisen und Handlungsmaximen
vorgetragen, die die Institution der katholischen Kirche mit hoher Werthaltigkeit
für sich selber einsetzte. Der den St. Urbantag betreffende hagiografische Inhalt ist damit spezifisch
gekennzeichnet, die Figur illuminiert und profiliert ein kirchliches Amt28. Die hohe, vergoldete
Tiara, wie wir sie in Kenzingen sehen, war damit noch ein Zeichen des
Repräsentationswillens der Barockpäpste. Nicht aber deshalb wurde er von den Winzern zum
himmlischen Vertreter gewählt, sondern vermutlich vor allem, weil die Position seines Feiertags
in einer arbeitsterminlichen Schnittstelle des Arbeitsrhythmus lag.

III.

Der Urbantag wird von spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen humanistischen Geschichtsschreibern
- etwa Johannes Molanus und Johannes Boemus - als der Heiligenfesttag beschrieben
, der mit dem Ende des Frühjahres und dem (landwirtschaftlichen) Sommeranfang

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