Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 21
(PDF, 63 MB)
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versprachen einerseits Trost, andererseits Hoffnung auf das bessere Leben; die Nähe zu den Heiligen
in solchen Erzählungen und Berichten ließ etwas von der göttlichen Transzendenz, von
der göttlichen Vollmacht im Diesseits aufleuchten. Den Theologen der damaligen Zeit war unumstößlich
klar, dass ihre Berichte also einen soteriologischen9 Anspruch vertraten {Intention),
die Heiligen legten durch ihr Gebet und ihre Zeichenhandlungen Fürsprache bei Gott ein, der
selbst die Erlösung und das Heil erwirken sollte. In deren Nähe wollten sich die Gläubigen wissen
, und sicher auch die Leser unseres Reiseberichtes, der den Ort Kenzingen nahe Freiburg
beim Namen nennt.

So können wir ein zweifaches Fazit ziehen:

1. Der Wahrheitsanspruch unseres Wunderberichtes bleibt also demjenigen verschlossen, der
keine theologisch-metaphysische Wirklichkeit und Wirksamkeit des Handelns des hl. Bernhard
mentalitätsgeschichtlich voraussetzt.

2. Wer auf ein wörtliches Ergebnis drängt, im Sinne dessen, was sich historisch objektiv nachweisen
lässt, wird zu keiner befriedigenden Antwort kommen, da der Mirakelbericht seiner
Intention nach daraufhin angelegt ist, den hl. Bernhard von Clairvaux als einen Mann darzustellen
, der mit göttlicher Autorität und Vollmacht handelt.

So ist der Bericht über das „Wunder von Kenzingen" des Jahres 1146 für die Erforschung und
Rekonstruktion der Regional- und Frömmigkeitsgeschichte des Mittelalters in Südwestdeutschland
ein herausragendes Beispiel, das seinesgleichen suchen kann, wenn man den richtigen Maßstab
anlegt. Es wurde deutlich: Geschichte und deren Interpretation darf sich nie ihrem
eigentlichen Anspruch verschließen. Dies zu verstehen, will dieser Artikel einen kleinen Beitrag
leisten.

Anmerkungen

1 „Et Dominica prima adventus Domini ingressi sumus fines episcopatus Constantiensis; et in villa cui
nomen est Kentingen, maxima populi devotione suscepti. "(Und am ersten Adventssonntag betraten wir
das Gebiet der Diözese Konstanz und in einem Ort namens Kentingen [sie! ] wurde er [Bernhard] mit großer
Ehrerbietung und Verehrung empfangen. ") Vgl. <http://www.binetti.ru/bernardus/177.shtml> (Abfrage
8.12.2010).

2 „ Secunda feria me praesente caecus senex adduetus est in ecclesiam, et post manus impositionem, sicut
omnes audistis, illuminatum eum populus acclamavit. "(„Ich [Schreiber] war anwesend: Am Montag
wurde ein blinder Greis zu ihm in die Kirche geführt. Er legte ihm die Hände auf und, wie ihr selber
gehört habt, gab er ihm das Augenlicht wieder und das Volk brach in Jubelrufe aus. ") Ebd.

3 Wir erfahren durch den Bericht nicht expressis verbis, dass die „ multa miracula " genau in Kenzingen
geschahen, nur, dass sie „ex hoc [tempore]", also seit dieser Zeit (der Aufnahme in Kenzingen) bekannt
wurden. Siehe ebd.

4 Vgl. Die legenda aurea des Jacobus de Voragine. Aus dem Lateinischen übers, von Richard Benz, 11.
Aufl., Gütersloh 2007, S. 468-478.

5 Vgl. Peter Dinzelbacher, Bernhard von Clairvaux. Leben und Werk des berühmten Zisterziensers, Darmstadt
1998.

6 Vgl. David Hume, An Enquiry Concerning Human Understanding, 5th ed., London 1758, section X.

7 Vgl. Siegfried Wiedenhofer, Eintrag: Wunder, III. Systematisch-theologisch. In: Lexikon für Theologie
und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. 2006, Bd. 10, S. 1316 ff.

8 Vgl. auch Immanuel Kant, Über das Wunder, o.O. 1781-1791.

9 „Soteriologie" bezeichnet die Lehre von der Erlösung innerhalb des theologischen Denkens.

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