Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 47
(PDF, 63 MB)
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der Theologen. Man gab ihr den Spottnamen „Doctor Catharina " und Bucer äußerte sich einmal
abträglich in einem Brief über sie, in dem er ihr vorwarf, sie halte sich für klug und rede zu viel.
Nicht allein mit den Straßburger Reformatoren Bucer, Capito und Dr. Caspar Hedio (1494-
1552) hatte sie Umgang, auch Johannes Calvin (1509-1564) lernte sie während seiner Straßburger
Zeit (1538-1541) kennen. Während des Hagenauer Religionsgesprächs (1540) waren
„ dreißig herrlicher gelerter Menner / auß Wittenbergk/Sachsen /Hessen /Nürnbergk/Schwaben
unnd anderen Orten auf ein mal bey einander in unserem Haus zu Gast", berichtete Katharina
Zell rückschauend in ihrem „Brieff' von 1557.

Obgleich die Amtskollegen ihres Mannes etwas anderes von ihr erwarteten, mischte sie sich in
die innerprotestantischen Auseinandersetzungen ein, in den „ Zanck des Sacraments ", wie sie
die Streitigkeiten um das Verständnis des Abendmahls bezeichnete. Wie ihr Mann war sie der
Ansicht, dass die Theologen bei dem Versuch, in dieser Frage eine verbindliche Antwort festzulegen
, ihre Kompetenzen überschritten und die Geheimnisse des dreieinigen Gottes aufzudecken
versuchten. Außerdem sahen die Zells in diesen Bestrebungen die Gefahr, dass sich die
Kirche damit wieder als Heilsanstalt etablieren und die Zustimmung zu ihrer Lehre als heilsnotwendig
ausgeben könnte. Auf ihrem Weg nach Marburg (1529), wo sie eine Verständigung
mit Luther in der Abendmahlsfrage zu erzielen hofften, waren Johannes Oekolampad (1482-
1531), der Reformator von Basel, und Huldreich Zwingli (1484-1531), der Reformator der Eidgenossenschaft
, für zwei Wochen Gäste im Hause Zell. Nachdem das Religionsgespräch in
Marburg zu keiner Einigung geführt hatte, schrieb Katharina einen Brief an Luther. Sie legte
ihm ihre Auffassung vom Glauben dar, der in der Liebe seinen Ursprung hat. Wichtiger als alle
Lehrstreitigkeiten sei das Gebot der Liebe untereinander. Sie bat ihn, sich den Frieden mit den
oberdeutschen Brüdern angelegen sein zu lassen. Luther antwortete ihr am 24. Januar 1531:
„Der tugentsamen frawen, derMathes Zellin zu Straßburg, meiner freundlichen lieben Freundin.
[...] Denn ihr wisset zu guter maßen, das woll die lieb soll über alles gehn und den forgang
haben, ausgenomen Gott, der ueber alles, auch ueber die liebe ist. Wo derselbige und sein wort
furgeht, so soll ja bey uns die liebe gewiß die oberhand haben, nehest Gott. Es will solche hohe
Sachen nicht mit unsern anschlegen nach andacht, sondern mit hertzlichem gebet und geistlichem
seufftzer angriffen sein. Denn es ist Gottes sache, nit unser261. " Damit wurde die Brief-
schreiberin freundlich darauf hingewiesen, dass es ihr nicht zustehe, in diesen schwierigen
theologischen Fragen mitzureden.

Nicht nur mit Martin Luther wechselte Katharina Zell Briefe, auch mit anderen Reformatoren
tauschte sie sich auf diesem Weg aus, unter anderem mit Ambrosius Blarer (1492-1564) aus
Konstanz, mit Huldreich Zwingli sowie mit seinem Nachfolger Heinrich Bullinger (1504-1575)
und Johannes Brenz. Mit dem Schlesier Caspar Schwenckfeld von Ossig (1489-1561), der von
1529 bis 1533 in Straßburg lebte und als Spiritualist zum linken Flügel der Reformation gehörte,
stand sie nach seiner Ausweisung aus der Stadt bis 1558 in Briefkontakt27 (Abb. 6).

Nicht allein auf brieflichem Weg pflegte sie Verbindungen mit bedeutenden Persönlichkeiten.
Mit ihrem Mann und teilweise auch allein unternahm sie mehrere Reisen, um Beziehungen zu
knüpfen und zu festigen. Im Sommer 1538 besuchte das Ehepaar Zell Martin Luther in Wittenberg
. Diese Begegnung machte auf Katharina einen tiefen Eindruck, sodass sie beinahe noch
20 Jahre danach festhielt, was Luther ihnen warnend mit auf den Heimweg gegeben hatte:
„ [HJüten, hüten euch das jr nimmermehr lassen widerumb einkhummen / was abgetohn ist /
vnd khein grundt in der Schrifft hat2*." Auch mit Philipp Melanchthon, dem Freund und Mitstreiter
Luthers, kam eine Begegnung zustande. Diese Reise sollte nicht zuletzt das freundschaftliche
Verhältnis zwischen Wittenberg und Straßburg festigen, zumal es durch die unermüdlichen

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