Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 107
(PDF, 63 MB)
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christlichen Weltbildes sowie einer geeinten, starken Kirche galt11. Nach den Schrecken und
Wirren des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) hatte man sich eine Erneuerung der Lebensverhältnisse
aus dem Grundbezug zum christlichen Glauben erhofft, der nach damaliger Vorstellung
in besonders eindrücklicher Weise in den Strukturen der Gotik zum Ausdruck kommt.
In ihrer hoch entwickelten Formensprache sah man den Inbegriff eines Geistes, für den Gottesverehrung
und Gemeinsinn im Mittelpunkt stehen. Da es ein Grundanliegen der Franziskaner
gewesen ist, zur Erneuerung des christlichen Glaubens in den Städten beizutragen, ist es verständlich
, dass man diese Intention auch durch die ihr entsprechende Architektur zum Ausdruck
bringen wollte.

Floraler Schmuck in der ehemaligen Klosterkirche in Heiligkreuztal

Die Anfänge der einstigen Zisterzienserinnenabtei Heiligkreuztal reichen in die erste Hälfte des
13. Jahrhunderts zurück. In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts erlebte das Kloster eine
dauerhafte Blütezeit, sodass in der Kirche wie im Kloster entscheidende Erneuerungen vorgenommen
werden konnten. Unter der Äbtissin Veronika von Rietheim (1521-1551) schritten die
Bauarbeiten rasch voran. Nachdem das Mittelschiff der Kirche eingewölbt war, übertrug die
Äbtissin den neuen malerischen Schmuck an Wänden und Gewölben dem Meister von Meßkirch
(1488-1565), der in Heiligkreuztal mit seinen Werkleuten arbeitete12. Bei diesem Meister handelt
es sich um einen der letzten Vertreter der spätgotischen Maltradition Schwabens, dessen Werk
zugleich manieristische Züge trägt, die in die Zukunft weisen13. Seine Ausmalungen in der Klosterkirche
wurden in den Jahren 1532 bis 1535 durchgeführt. Sie sind von anderer künstlerischer
Qualität als die Ausschmückungen in den Seitenschiffen und unter der Empore des Mittelschiffes
. So sind die Wappensteine im Gewölbescheitel von einem dichten floralem Dekor umspielt
und die Gewölbezwickel mit einem verschlungenen Rankenwerk ausgefüllt, das zum Teil in bizarren
Phantasieblüten endet.

Bei einer vergleichenden Betrachtung der Pflanzendarstellungen in der Klosterkirche in Heiligkreuztal
und der Evangelischen Kirche in Kenzingen fallen einige Ähnlichkeiten auf. Bei den
mit einem purpurfarbenen Band gekennzeichneten Phantasieblumen am Deckengewölbe der
Evangelischen Kirche handelt es sich um Gewächse, deren Ausformung der spätgotischen Malweise
in ihrem Duktus fließender Verschränkungen und spiralig bewegter Kurven nachempfunden
ist (Abb. 13). Verschiedene Pflanzenbilder weisen eine Verwandtschaft mit der Darstellung
von Blumen auf, die sich vor allem unter der Westempore der Klosterkirche in Heiligkreuztal
finden; so etwa der in Form eines Sträußchens wiedergegebene Bittersüße Nachtschatten (Abb.
9 und 10). Dabei darf man sich an einzelnen, von der Natur abweichenden Merkmalen nicht
stören, denn die mittelalterlichen Maler erlaubten sich oft eigenwillige Stilisierungen. Wenige
charakteristische Kennzeichen einer Pflanze reichten aus, um ihre Wiedererkennbarkeit zu gewährleisten
. Es geht bei solchen Abbildungen nicht um botanische Genauigkeit, vielmehr steht
der Symbolcharakter im Mittelpunkt der Betrachtung. Die Pflanzen fungieren vor allem als Bedeutungsträger14
. Das macht auch die Wiedergabe des Maiglöckchens deutlich, einer vertrauten
Marienpflanze. Um sie als Tugendpflanze kenntlich zu machen, werden ihre Blütenstiele in geneigter
Form gemalt, damit auf diese Weise die Demut der Jungfrau augenfällig wird (Abb. 11
und 12). Als weitere Marienpflanzen erscheinen unter der Westempore die Mariendistel, der
Rohrkolben und die Erdbeere. Vergleicht man die Erdbeerabbildung mit der linken Chimäre in
der Kenzinger Kirche, so fallt auf, welche Umformung die ursprüngliche Gestalt erfahren hat
(Abb. Hund 15).

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