Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 110
(PDF, 63 MB)
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Dieses Lebensrecht jeder Kreatur gilt es als „Vor-Gabe" des Schöpfers zu respektieren17. Das
Wissen um die Mitgeschöpfhchkeit als einheitsstiftendes Band zwischen allen Lebewesen verbietet
die Egozentrik und Überheblichkeit des Menschen. Es ist von ihm vielmehr ein hegender
und pflegender Umgang mit allen Geschöpfen gefordert, um die Natur in ihrem Bestand und in
ihrer Unversehrtheit zu erhalten. Der zu beklagende Schwund der Artenvielfalt, wie er zum Beispiel
auch für den Rückgang der Schmetterlingsarten am Kaiserstuhl zu verzeichnen ist, ist ein
alarmierendes Zeichen von vielen. Die Notwendigkeit eines nachhaltigen Schutzes der Natur
und die Dringlichkeit einer Sicherung der Existenzbedingungen für bestimmte Tiere und Pflanzen
wurden von den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts an zunehmend ernst genommen. Gerade
im Raum der Kirche ist es vom Schöpfungsauftrag her geboten, das sensible Gewebe des Lebens
mit Ehrfurcht im Blick zu behalten und die Größe der Verantwortung für die Konsequenzen
menschlichen Handelns stets neu deutlich und dringlich zu machen. So können Prozesse des
Umdenkens angestoßen werden, die ein schöpfungsgemäßes Handeln ermöglichen. Eine Sinndeutung
der Gewölbeausmalung spricht damit die ökologische Berufung des Menschen an, um
sie auf diese Weise zu bestätigen und zu bestärken.

„O mensch zart, bedenck der blumen art18"

Da die einstige Klosterkirche in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg erbaut wurde und bei
ihrer jetzigen Ausschmückung Blumen und Gräser den größten Raum einnehmen, soll auch der
Gedanke an die Vergänglichkeit alles Geschaffenen nicht unerwähnt bleiben. In der Barockzeit
wandelte sich das gläubige Verständnis der Natur und ihre Sprache bekam einen dunklen Klang.
Die Schöpfung wurde nicht mehr allein als Abglanz des Ewigen und zuversichtliches Zeichen
christlicher Hoffnung verstanden, sondern auch als unübersehbare Mahnung an die Vergänglichkeit
alles Irdischen. Immer schon assoziierte man mit der Kurzlebigkeit von Blumen und
Gräsern auch die Kürze des menschlichen Daseins. Der Mensch ist wie die Pflanze dem Gesetz
von Werden und Vergehen unterworfen. So spiegelt sich das menschliche Leben nicht nur im
pflanzlichen Wurzeln und Wachsen, im Blühen und Fruchtbringen, sondern auch in seinem Welken
und winterlichen Absterben. In zeitlos gültigen Worten bringt der Psalmist die Flüchtigkeit
irdischen Daseins zur Sprache: „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras; er blüht wie eine
Blume auf dem Feld, wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da und ihre Stätte kennt sie
nicht mehr" (Ps 103, 15). Gerade in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges schwebte eine Todesdrohung
über allem und steigerte die Empfindung für die Hinfälligkeit des Menschen und aller
Güter dieser Welt: „Ach wie nichtig, ach wie flüchtig/ ist der Menschen Schöne! / Wie ein Blümlein
bald vergehet, /wenn ein rauhes Lüftlein wehet, /so ist unsre Schöne, sehet!" (EG 528, 4),
dichtete Michael Franck (1609-1667) noch unter dem Eindruck der düsteren Vergangenheit stehend
.

Die Heilkräuter als Vermittler und Sinnbilder des Heils

In der Vorstellungswelt der mittelalterlichen Menschen ist mit der Anwendung pflanzlicher Heilmittel
zur körperlichen Gesundung stets auch der Gedanke an das Seelenheil verbunden. Nur
dort, wo das zu erstrebende, ewige Heil im Mittelpunkt des Lebens steht, kann sich das körperliche
Wohlbefinden einstellen. Das Heilmittel (lat. „ re-medium ") ist nach diesem Verständnis
keineswegs nur ein Träger bestimmter Wirkstoffe. Es ist vielmehr immer auch „medium", „Mittler
" übernatürlicher, göttlicher Kräfte. Diese Verbindung von Heilserwartung und Heilungser-

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