Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 111
(PDF, 63 MB)
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fahrung bildet eine unauflösliche Einheit19. Aufgrund der biblischen Botschaft versteht man
Christus als den, in dessen Händen die irdischen wie die himmlischen Heilkräfte liegen. Auf
mittelalterlichen Tafelbildern, die den Auferstandenen in der Begegnung mit Maria von Magdala
darstellen (Joh 20, 11-17), wird Christus oft als Gärtner dargestellt, umgeben von einem blühenden
Garten, in dem die frühlingshafte Natur das neue, ewige Leben symbolisiert, das mit
ihm angebrochen ist und das den Gläubigen durch ihn offensteht. Als Gärtner wird Christus
auch in einer typologischen Deutung verstanden. Ebenso wie Adam den Boden im Garten Gottes
bearbeitete, so bestellt Christus den Garten der Seelen. Hier erntet er die Blumen, die er selbst
gesät hat: die Tugenden. Dabei erblickt man nach allegorischer Pflanzendeutung im Seelengarten
die Demut im Bild der Erdbeere, die Reinheit in Gestalt des Maiglöckchens, die Glaubenstreue
im Zeichen des Bittersüß usw. Zahlreiche Pflanzen sind in der Symbolik mit dem Erlöser und
Heiland verbunden, darunter die Akelei, der Efeu, die Kornblume, die Passions- und die Kreuzblume
.

Zur künstlerischen Würdigung der neuen Sichtfassung des Kirchengewölbes

Nimmt man die Ausgestaltung des Kirchengewölbes als Ganzes unter ästhetischen Gesichtspunkten
in den Blick, so fällt zunächst der Hell-Dunkel-Kontrast auf, der dem Gewölbe seine
optische Spannung verleiht. Die dunkelgrünen, gestirnten Gewölbekappen schneiden tief ein.
Das Weiß des Netzgewölbes wird durch den Gegensatz zu ihnen gesteigert und erzielt dadurch
eine größere Strahlkraft. Sie wird noch intensiviert durch die goldgelben Perlschnüre, die entlang
der Rippen verlaufen. Dadurch gewinnt das Gewölbe, das den Innenraum der Kirche überspannt,
einen heiter-festlichen Charakter, der sich dem Raum mitteilt. Zugleich wird durch die goldgelben
Perlschnüre auf ein Licht von anderer Qualität verwiesen. Im Gewölbescheitel sind flammende
Strahlenkränze angeordnet. Ihre flirrende Bewegtheit kontrastiert mit den geometrischen
Sternmotiven. Die Strahlenbündel konzentrieren sich um die Schnittstellen des Gewölbenetzes
und sind Ausfluss und Ausdruck der zentralen Sonnenenergie, die selbst gleichnishaft über sich
hinausweist. Als kleine, korrespondierende Kraftzentren lassen sich auch die radial angelegten
Pflanzenarrangements an den begleitenden Kreuzungspunkten verstehen. Zugleich wird dem
Gewölbe durch den zarten Pflanzenflor der Charakter luftig-leichter, ja schwebender Transparenz
verliehen. Der Innenraum scheint damit von einem seiner Ausdehnung nach unbestimmten
Raumgrund hinterlegt zu sein.

Das Gewölbe basiert auf schmalen Pilastervorlagen über einem Profil, welches ein fortlaufendes
Gesims ersetzt. An dieser Stelle stehen sonst oft Kapitelle, die tragen. Gern hat man sie mit
Blattschmuck versehen, sodass der Eindruck erzeugt wird, als hätte dieser die Funktion, die Last
des Gewölbes zu übernehmen. Dadurch wird bildhaft zu verstehen gegeben: In diesem Bereich
gelten andere Kräfte als die physikalischen Gesetze des Tragens und Lastens. Dasselbe Prinzip
wird hier angewandt. Ein pflanzenartiges, duftiges Band steigt in spielerischer, beschwingter
Bewegung nach oben. Aus ihm erhebt sich die mittlere Pflanze; umgeben wird sie von zwei
weiteren Gewächsen, die gleichsam frei im Raum zu schweben scheinen. Diese Darstellungsweise
hat einen tänzerisch-schwerelosen Charakter.

Um die Gesamtwirkung des Gewölbes zu erfassen, sind die Elemente der großen Flächengliederung
wesentlich; zu ihnen gehört auch die architektonische Besonderheit des Zellen-Netzgewölbes
, das durch seine Symmetrie und die systematische Aufteilung in kleinflächige
Deckenfelder und großflächige Gewölbebahnen den Eindruck klarer Ordnung vermittelt. Die
Anmutungsqualitäten, die im Betrachter eine emotionale Betroffenheit bewirken, werden ent-

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