Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 131
(PDF, 63 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2011-30-31/0133
Der Charme des Scheunenstils. Klassizistische Kirchen der
Weinbrenner- und Arnoldzeit zwischen Freiburg und Kenzingen

Gerhard Everke

Mit Verachtung haben Kunstgelehrte und Geistliche auf all die unprätentiösen Kirchen herabgeblickt
, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter der Ägide des großherzoglichen Baudirektors
Friedrich Weinbrenner (1766-1826) in Baden gebaut worden sind. Mit „Scheunen" hat man sie
verglichen und besonders despektierlich als „Notbehälter" bezeichnet1. Wer schon relativ früh
eine derart abschätzige Kritik kolportierte, war kein Geringerer als Heinrich Hübsch (1795—
1863), der selber ein Schüler Weinbrenners war und seinen Lehrer später sogar im Amt des Baudirektors
beerben sollte. 1815 hatte er sein Architekturstudium in Karlsruhe aufgenommen und
zählte somit zu Weinbrenners jüngerer Schülerschar, deren jugendlicher Elan mit jener postna-
poleonischen Aufbruchstimmung einherging, der Baukunst vielfältigere Gestaltungsmöglichkeiten
abzugewinnen.

Vor dem Hintergrund erörterter Stilfragen suchte Hübsch den Klassizismus, namentlich den antiken
, will sagen antiquierten Stil weinbrennerscher Prägung, zu überwinden, was ihm im Rückgriff
auf das gestalterische Bauprinzip des Rundbogens durchaus gelingen sollte - wenngleich
in nur bedingtem Maße. Denn noch - bis in die 1840er-Jahre hinein - waren die Stellen der
staatlichen Baubehörden maßgeblich mit „orthodoxen" Weinbrennerschülern besetzt, und die
hielten kraft ihrer nunmehr konservativen Grundhaltung unbeirrt am „Weinbrennerstü" fest.

Kritik macht hellhörig und weckt unsere Neugier umso mehr, als die Thematik des Kirchenbaus
von übergeordnetem Interesse sein dürfte. Einnehmend ist sicherlich auch die Epoche, die mittlerweile
gut 200 Jahre zurückliegt. Es ist die Zeit Goethes und Beethovens, in der sich auf nahezu
allen geistigen und künstlerischen Gebieten ungeahnte schöpferische Kräfte entfalteten, in der
das Ideal klassischer Geisteshaltung von der Poesie romantischer Innerlichkeit durchwirkt wurde.
Es ist die nach der unterernährten Epoche aufklärerischer Selbstgenügsamkeit wiedergeborene
Zeit reflexiven Philosophierens, aber im Hinblick auf die existenzielle Situation des sich im
Zuge der Französischen Revolution etablierenden Bürgertums auch die Zeit weitreichender politischer
Umwälzungen, die mit Napoleon - obschon ihm das Land Baden zu danken hat - viel
Elend in die Welt gebracht hat.

Den in dieser entbehrungsreichen Zeit gebauten, angeblich wenig erbaulichen und seit Hübsch
schlechtgeredeten Kirchen gilt unsere Aufmerksamkeit. Mit den Kirchen in Tutschfelden, Bleichheim
, Malterdingen und Teningen sind uns Beispiele in der unmittelbaren Umgebung von Kenzingen
an die Hand gegeben, die im Kontext weiterer Bauten zwischen Kenzingen und Freiburg
näher betrachtet werden sollen. Wie schön sie doch sind, wird sich zeigen. Da mehrere dieser
Kirchen unter der Federführung von Christoph Arnold (1779-1844) entstanden sind, jenes Architekten
, der ab 1819 in der Funktion eines Baudirektors für sämtliche Bauaufgaben in unserer
Region verantwortlich zeichnete und dem Kenzingen einstmals (1821) die Erneuerung der
Kirchtürme von St. Laurentius verdankte2, ist es gerechtfertigt, nicht nur von der Weinbrennerzeit
, sondern auch von der Arnoldzeit zu sprechen. Nicht zuletzt war Christoph Arnold schon
während seiner Karlsruher Schaffenszeit Weinbrenners engster Mitarbeiter auf dem Büro der
zentralen Baudirektion. Auch dass er mit dazu beitrug, die im ganzen Land fehlenden Architekten

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