Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 133
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Während Arnold die baukünstlerische Auffassung seines Lehrers teilte, vertrat Hübsch, so viel
er Weinbrenner auch immer zu verdanken hatte, einen anderen Standpunkt. Zweifellos war er
die herausragende Persönlichkeit der von Leitgedanken der Romantik infiltrierten „new gene-
ration", die in entfachter Vorliebe für das Mittelalter den Klassizismus infrage stellte. Und in
der Tat sollte es Hübsch gelingen, Bauwerke von überzeugender Schönheit denen der Ära Weinbrenner
an die Seite zu stellen. Abgesehen davon, dass er sich zeit seines Schaffens auch auf
dem Gebiet des Kirchenbaus besonders hervorgetan hat, verdanken wir ihm eine Reihe stattlicher
Profanbauten, unter denen die Staatliche Kunsthalle in Karlsruhe sowie die Trinkhalle in Baden-
Baden die populärsten sind6. Nirgendwo besser als dort zeigt sich im direkten Vergleich der Unterschied
von Altem und Neuem. Auf der einen Seite beeindruckt die feierliche Monumentalität
von Weinbrenners Konversationshaus - dem heutigen Spielkasino -, das von 1821 bis 1824 erbaut
wurde, auf der anderen Seite, wenige Schritte rechts daneben, der Charme der erwähnten
Wandelhalle von Hübsch aus dem Jahr 1841.

Abb. 1: Friedrich Weinbrenner, Baden-Baden, Abb. 2: Heinrich Hübsch, Baden-Baden,

Konversationshaus, 1821 -1824. Foto Everke 2010 Trinkhalle, 1837-1841. Foto Everke 2010

Weinbrenner gliedert das Aufgebot an Baumasse in hierarchisch geordnete Funktionsbereiche,
denen er im vitruvianischen Sinne das ihnen angemessene Decorum der Säulenordnungen zuweist
. Demzufolge ist dem hervorragenden Mittelteil durch die Reihe korinthischer Kolossalsäulen
die höchste Prachtentfaltung zugedacht. In Gegensatz zu diesem in gebrochenem Weiß
erstrahlenden Putzbau präsentiert sich die Trinkhalle als materialsichtiger Backsteinbau. Mit
ihren Säulen und dem übergiebelten Mittelrisalit erinnert auch sie an klassizistische Vorbilder.
Gleichwohl scheint Hübsch hier mit dem Klassizismus zu spielen, indem er den Architrav - der
bei Weinbrenner regelkonform auf den Säulen aufliegt - zu segmentbogigen Formen umgestaltet,
die in ihrer Reihung von höchst belebender Wirkung sind.

Obschon eingehend in der klassizistischen Entwurfslehre unterwiesen, wendete die junge Generation
um Hübsch ihren Blick von den fremdländisch mediterranen Vorbildern der Antike hin
zu den romanischen Domen im eigenen Land, deren Bedeutung sich ihnen aber wieder fernab
der Heimat in Italien erschloss, wo sich ihre Begeisterung für den Rundbogen am frühchristlichen
Kirchenbau in Rom und dann an den zahlreichen Kirchen romanischer Provenienz entzündete
. In Ergänzung zum favorisierten Rundbogen behielt aber auch der Spitzbogen der Gotik
seine Daseinsberechtigung bei, obschon ihn Hübsch selber eher verachtete, weil er arabischer
Herkunft und als Nationalstil doch eher für Frankreich in Anspruch zu nehmen sei. Bisher wurde
dem Spitzbogen ein ausgesprochen germanisch gefärbter Ausdruckswert beigemessen, erblickte
man in der Gotik doch noch eine „ acht teutsche " Stilform. Vor allem für Preußen war sie von

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