Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 167
(PDF, 63 MB)
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und Otter musste die Stadt verlassen. Mit ihm gingen rund 150 Kenzinger Bürger gleich mit ins
Exil, die sicherlich nur den harten Kern seiner Anhänger ausmachten1. In Straßburg fand man
Asyl beim dortigen Reformator Matthäus Zell. Dessen Ehefrau Katharina Zell, geborene Schütz,
sandte 1524 den in Kenzingen zurückgebliebenen Frauen den reformationsgeschichtlich weltberühmten
Trostbrief: „Den leydenden Christglaubigen weyberen der gemein zuo Kentzigen
minen mitschwestern in Christo Jesu zu handen 2. "

In der Folge wurde in Kenzingen auf Druck von Freiburg jegliche reformatorische Tendenz im
Keim erstickt und öffentlich der Stadtschreiber enthauptet. Kenzingen blieb also strikt katholisch,
und selbst die Ansiedlung einzelner evangelischer Bürger war unerwünscht.

Das änderte sich erst allmählich im 19. Jahrhundert durch die Umbrüche der Industrialisierung,
den Bahnanschluss und die neue Zugehörigkeit zum Hause Baden. Wie gründlich die Rekatho-
lisierung nach Otter jedoch war, erkennt man schon daran, dass trotz unmittelbarer Nachbarschaft
zu rein evangelischen Orten wie etwa Tutschfelden, Broggingen, Weisweil und Malterdingen,
wie überhaupt zum gesamten Hachberger Gebiet in und um Emmendingen noch 1825, also volle
300 Jahre nach der Vertreibung Otters und seiner Gefolgsleute, laut einer Studie „Die Religionszugehörigkeit
in Baden in den letzten 100 Jahren (1825-1925)", 1928 vom badischen Statistischen
Landesamt herausgegeben, in Kenzingen bei einer Gesamtzahl von 2636 Einwohnern
ganze drei Protestanten (!), das sind weniger als 0,1 Prozent, lebten. Die gesamte übrige Bevölkerung
, nämlich 2633 Personen, waren römisch-katholisch. Zum Vergleich: In Bombach lebten
im selben Jahr immerhin neun Protestanten (1,3 Prozent), bei einer Gesamteinwohnerzahl von
nur 689 (die ausführlichen Zahlen siehe Tabelle). Auffallend bei den Zahlen von 1825 ist, dass
weder in Kenzingen, noch in Bombach, Nordweil oder Hecklingen sich Angehörige anderer Religionen
, also auch keinerlei Juden, aufhielten.

Jahr: 1825

Kenzingen

Bombach

Nordweil

Hecklingen

Gesamteinwohner

2636

689

705

724

röm.-katholisch

2633

680

704

723

evangelisch

3

9

1

1

sonstige









Im Jahr 1855 veröffentlichte das Großherzogtum Baden eine „Statistik der inneren Verwaltung"
aus dem Jahre 1852, derzufolge die Einwohnerzahl Kenzingens um über 250 Personen im Vergleich
zu 1825 abgenommen hat (macht sich hier auch in Kenzingen eine der Auswanderungswellen
, wie sie 1850, 1860 und 1890 für Baden vermerkt sind, bemerkbar?). Gleichzeitig hat
sich die Zahl der Protestanten bei der seit Kurzem von der Bahn erreichten Stadt drastisch auf
60 Personen erhöht. Nach wie vor sucht man in dieser Statistik vergeblich nach Juden oder Andersgläubigen
.

Jahr: 1852

Kenzingen

Bombach

Nordweil

Hecklingen

Gesamteinwohner

2435

567

786

666

röm.- katholisch

2375

565

786

654

evangelisch

60

2



12

sonstige









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