Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 204
(PDF, 63 MB)
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„Grüß Gott" und „Heil Hitler": Die Kirche unterm Hakenkreuz

Wenige ruhige Jahre sind der Gemeinde beschieden, bis der Nationalsozialismus in Kenzingens
Kirchen Einzug hält. Ein Hirtenbrief der badischen Kirchenleitung, der in allen badischen evangelischen
Kirchen - so auch in Kenzingen - am 2. April 1933 verlesen wird, wendet sich zwei
Monate nach Hitlers Machtergreifung an die „ evangelischen Glaubensgenossen: Was wir seit
Jahren gehofft und ersehnt haben ist gekommen: Unser deutsches Volk hat sich in seiner großen
Mehrheit zu einer starken nationalen Front zusammengeschlossen und sich einmütig hinter die
Männer gestellt, die das Oberhaupt unseres Reiches zur Führung des deutschen Volkes berufen
hat44."

Zu Hitlers Geburtstag versammeln sich im Schulhof am 22.April 1933 HJ, SS, Mitglieder der
NSDAP, die Schüler der Volks- und Realschule, deren Lehrer sowie Bürgermeister Josef Kreth
und Pfarrer Rose, der eine „ begeisternde und gehaltvolle Rede hält". Mit Hitlerbild und Urkunde
versehen, wird auf dem Schulhof eine Linde gepflanzt, „ die in die Zukunft schaut und ein Symbol
für Hitler und für die große nationale Volksbewegung bedeutet "45. Ein Volk, ein Reich, ein Führer
, und endlich auch „eine" evangelische Kirche, hoffen die Deutschen Christen (DC, eine der
NS-Ideologie nahestehende Strömung im deutschen Protestantismus), zu denen auch Pfarrer
Rose gehört. „Als Kulturreferent für die evangelischen Belange der Kreisleitung Emmendingen
und als Leiter der nationalsozialistischen Pfarrerschaft des Gauen Baden der Glaubensbewegung
Deutscher Christen " schreibt er einen geharnischten Brief an die deutschnationale „Breis-
gauer Zeitung", weil „der Herr Artikler ein unzumutbares Zerrbild" der Glaubensbewegung
der Deutschen Christen gegeben habe. Er bietet der Zeitung an, zukünftig „ ihnen eingereichte
Artikel [...] von mir auf ihre Richtigkeit nachsehen zu lassen"46. Seinem Freund, Landeskirchenrat
Voges, schreibt er am gleichen Tag: „ Gut wäre es, wenn wir durch die Gauleitung hier
einen größeren Einfluss auf die Presse ausüben können47. "

Während durch das Reichsgesetz vom 14. Juli 1933 die NSDAP zur einzigen politischen Partei
erklärt wurde, verschwindet innerhalb weniger Wochen eine kirchliche Gruppierung nach der
anderen. Übrig bleiben die Kirchlich-Positive Vereinigung (KPV) und die Deutschen Christen,
die zu den gesamtdeutsch verordneten Kirchenwahlen am 23. Juli 1933 antreten, und zwar mit

Einheitslisten und abgesprochener Sitzverteilung48.

In die Landessynode werden zwei Kenzinger gewählt: Der
Laie Friedrich Dittes, von 1933 bis 1938 Vorsteher des Finanzamtes
Kenzingen, für die KPV und Pfarrer Rose für die
DC. Mit dabei in der 57 Abgeordnete umfassenden Landessynode
sind zwei ehemalige Geistliche, die für die DC kandidiert
hatten: Kirchenrat Viktor Renner, jetzt Dekan in
Karlsruhe, und Georg Ulzhöfer, jetzt Pfarrer in Ehingen49.

Einstimmig hatte noch die alte Landessynode mit allen Parteien
am 24. Juni 1933 die Kirchenverfassung geändert, damit
das Führerprinzip in der Badischen Landeskirche Einzug halten
konnte. Das Amt des an der Spitze der Kirche stehenden
Kirchenpräsidenten Wurth wurde am 24. Juni kurzerhand abgeschafft
. Stattdessen schuf man das Amt des Landesbischofs,
in das der bisherige Prälat Julius Kühlewein gewählt wurde50.

Abb. 12: Friedrich Dittes (1885-
1960) war Vorsteher des Finanzamtes
Kenzingen; Mitglied der
Landessynode von 1921-1934 und
1945-1946; Mitglied des Landeskirchenrates
von 1928-1934.

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