Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 231
(PDF, 63 MB)
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litt. Im letzten Kriegsjahr befanden sich viele Deutsche aus dem Osten des Reiches und ihren
Siedlungsgebieten in den besetzten ost- und südosteuropäischen Staaten vor der nahenden Front
auf der Flucht. Dadurch waren bereits Deutsche mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit vor
Kriegsende nach Kenzingen gekommen. Etliche Flüchtlinge wohnten damals im ehemaligen,
zu Kenzingen gehörigen Kurheim Bad Kirnhalden. Das Heim unterstand der Volksdeutschen
Mittelstelle (VoMi), einer SS-Unterorganisation. Nach Kriegsende diente es bis 1964 als Kreisflüchtlingsaltersheim
.

Die kriegsbedingten Zerstörungen von Wohnraum und Fabriken waren besonders in großen
Städten enorm. Außer Flüchtlingen und Vertriebenen waren noch Evakuierte und Kriegsbeschädigte
zu versorgen. Das vordringlichste Problem war die Beschaffung von Wohnraum und Arbeit
; nur auf dieser materiellen Basis konnte der Aufbau einer demokratischen Gesellschaft
gelingen.

Für Unmut sorgte die Wohnraumbewirtschaftung. Die Basis hierfür bildete das Kontrollratsgesetz
Nr. 18 (Wohnungsgesetz) vom 8. März 19462. Die "wilden" Wohnverhältnisse sollten durch
endgültige Rechtsverhältnisse zwischen der einheimischen und zugewanderten Bevölkerung ersetzt
werden. Das Gesetz enthielt jedoch nur Grundsätze, keine Ausführungsbestimmungen. Erst
später gaben sich die Länder eigene Durchführungsverordnungen oder Gesetze. In Teilen galt
das Gesetz Nr. 18 bis zum in Kraft treten des Bundeswohnraumbewirtschaftungsgesetzes vom
31. März 1953. War Wohnraum nach den amtlichen Maßstäben vorhanden, so konnten ihn die
Verwaltungen bei einer Weigerung des Hauseigentümers beschlagnahmen, die Zwangseinweisung
verfügen und Bußgelder verhängen. Der Eigentümer konnte sich zwar innert dreier Tage
gegen die Beschlagnahme beschweren, jedoch hatte die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung
. Die Wohnungsämter hatten dann einen Mieter zuzuweisen und konnten von dem Eigentümer
den Abschluss eines Mietvertrags mit dem Mieter verlangen. Bei Weigerung erfolgte ein
Zwangsmietvertrag. Durch das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz wurden 1953 die strengen
BewirtschaftungsVorschriften gelockert. Es war den Behörden jedoch weiterhin möglich, Wohnungssuchende
, wie z.B. die Flüchtlinge, in unterbelegten Wohnungen unterzubringen. So kam
es zu vielen unfreiwilligen Mietverhältnissen. Entsprechend frostig gestaltete sich dann das Zusammenleben
im Haus. Manche Hausbesitzer gingen sogar so weit, dass sie aus einer Wohnstube
die Dielen herausrissen, nur damit kein Flüchtling eingewiesen werden konnte.

Des Weiteren dominierte die Sorge um das tägliche Brot den Alltag der ersten Nachkriegsjahre,
weshalb dringend Arbeitsplätze geschaffen werden mussten. Deren Knappheit erforderte ein
hohes Maß an Flexibilität, weshalb Berufsausbildungen und -erfahrungen oft hinfallig wurden.
Damit ging gerade unter den Flüchtlingen auch eine soziale Deklassierung einher, die viele nicht
verwanden. Das war besonders bei Landwirten der Fall. Nach dem damaligen gesellschaftlichen
Verständnis verkörperte "der Bauer" Sesshaftigkeit und Bodenverbundenheit. Ein wohlhabender
Bauer galt etwas in der ländlichen Gesellschaft. Nun mussten diese Menschen erleben, dass sie
als "Zigeuner" beschimpft wurden und froh sein mussten, wenn sie als Knecht auf einem Hof
unterkommen konnten. Auch musste so mancher unter dem Zwang der Verhältnisse in die Rolle
des ungelernten Arbeiters wechseln.

Als wichtiges Ereignis für die ökonomische Entwicklung Westdeutschlands muss die Währungsreform
erwähnt werden. Am 20. Juni 1948 konnte jeder Deutsche gegen Vorlage von 40 Reichsmark
40 Deutsche Mark erwerben. Was heute im Rückblick positiv erinnert wird, war es längst
nicht für alle. Die bald folgende Umwandlung alter Sparguthaben im Verhältnis 10:1 sorgte
für viel Unmut. Sachwertbesitzer wie Unternehmer und andere wohlhabende Bürger wurden

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