Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 235
(PDF, 63 MB)
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Jahr sei die Aufnahmeverpflichtung mehrmals kommuniziert worden. Versäumnisse könnten
nicht mehr entschuldigt werden. "Sollte seitens einer Gemeinde oder von Einzelpersonen unbegründet
aktiver oder passiver Widerstand gegen die Anordnungen geleistet bezw. die Anweisungen
sabotiert werden, dann haben die hierfür Verantwortlichen schärfste Maßnahmen und
öffentliche Anprangerung in der Presse zu erwarten." Der Aushang zeigt, dass es eine verbreitete
Abwehrhaltung gab und verschiedene Gemeinden noch keine ausreichenden Anstrengungen zur
Aufnahme ergriffen hatten.

Die Verwaltung und die Printmedien mussten weiterhin um Verständnis für die Flüchtlinge werben
. So schrieb Max Hoppner, der Kreisbeauftragte für Umsiedlung, in der "Badischen Zeitung":
Die Flüchtlinge kämen in eine völlig fremde Umwelt mit anderen Sitten und Gebräuchen und
anderer Mundart, getrennt von Verwandten, Freunden, früheren Nachbarn22 . Sie dürften sich
nicht als "unerwünschte Fremde fühlen " müssen. Man sei verpflichtet, ihnen bei der Gründung
einer neuen Heimat und Existenz zu helfen. Weiter wurden negative und positive Ereignisse bei
früheren Aufnahmen erwähnt. In einem ungenannten Ort sei eine Flüchtlingsfrau von dem zugedachten
Gastgeber nicht ins Haus gelassen worden, worauf sie einen Nervenzusammenbruch
erlitten und ins Krankenhaus hätte gebracht werden müssen. Dagegen wurde aus Köndringen
und Kenzingen Positives vermeldet. Zu Kenzingen war zu lesen: "Wie herzlich war der Empfang
eines jungen Mannes in Kenzingen, der von seiner Gastgeberin mit einem freudigen 'Herzlich
Willkommen' und mit warmem Händedruck empfangen wurde. Dankbar leuchteten auch die
Augen der anderen Flüchtlinge auf, und die Spannung löste sich offensichtlich. "Abschließend
wurde betont, dass man aus Eigeninteresse mehr geben müsse als Almosen. Es dürfe nicht sein,
dass bei den Flüchtlingen das "Gefühl der Ausgestoßenheit" hochkomme und sie sich zusammenschlössen
, "um ein eigenes abgesondertes Leben in ihrer neuen, von ihrer Sicht aus feindlichen
Heimat zu führen ".

Im gesamten Kreis Emmendingen befanden sich Ende November 1948 etwa 2000 Flüchtlinge,
jede Woche kamen ca. 100 hinzu23. Mitte 1949 nannte der neue Landrat Alfons Oswald die Zahl
von rund 2000 aufzunehmenden Flüchtlingen für das Jahr 194924. Die Flüchtlinge wurden nunmehr
im neuen Lager in der Emmendinger Steinstraße registriert und dann den Ortschaften zugewiesen
. Wie entwickelte sich der Bevölkerungsanteil der Flüchtlinge in Kenzingen? Mitte
1946 meldete das Bürgermeisteramt 47 Personen, die auf die Ostumsiedlungsquote anzurechnen
waren25. Am 16. Juli 1948 wurden 101 Personen (darunter auch Evakuierte) aufgelistet26. Ein
gutes Jahr später, am 30. September 1949, zählte das Bürgermeisteramt inklusive des Flüchtlingsaltersheims
Bad Kirnhalden 194 Personen27.

Da sich in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern ungleich mehr Flüchtlinge aufhielten,
strebten die deutschen Länder eine Umverteilung an. Frankreich lehnte lange Zeit für seine Zone
eine Mitwirkung ab. Doch im April 1948 stimmte es einem Länderabkommen zu, nach dem aus
den Hauptaufnahmeländern 120 000 Vertriebene in die Länder der französischen Zone umsiedeln
sollten28. Am Ende wurde diese Zahl nicht erreicht, allein Baden nahm nur ein Sechstel des Solls
auf.

Im Rahmen dieser Umsiedlungsaktion gab Landrat Oswald am 22. Juli 1949 in einer Bürgermeisterbesprechung
bekannt, dass nach Auskunft des Landessiedlungsamtes die Umsiedlung
von bisher in Schleswig-Holstein und Niedersachsen untergebrachten Flüchtlingen in den nächsten
14 Tagen beginne29. Es werde im Kreis ein Flüchtlingsdurchgangslager geschaffen. Eine
prozentuale Zuteilung sei nicht immer möglich, da auch Existenzmöglichkeiten vor Ort gegeben
sein müssten. Der erste Transport mit 29 Umsiedlern, die von der badischen Kommission in

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