Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
32. und 33. Jahrgang.2012/2013
Seite: 8
(PDF, 62 MB)
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am 17. Juli 2011 ein bewusst ökumenisch ausgerichtetes Festkonzert statt, bei dem profilierte Vertreter
der protestantischen und katholischen Sakralmusik zu Gehör kamen: Heinrich Schütz und
Jan Dismas Zelenka. Zum künstlerischen Höhepunkt des Abends wurde die Uraufführung "Lieder
des heiligen Franziskus", eine Kantate nach Texten des Heiligen für Soli, Chor und Instrumente,
komponiert zu diesem Jubiläum von dem Freiburger Professor Otfried Büsing und in Auftrag
gegeben vom Ökumenischen Förderkreis Kirchenmusik in Kenzingen. In diese Lob- und Preisgesänge
des großen Gottsuchers ist die ganze Schöpfung eingeschlossen, weshalb der "Poverello"
ja 1978 von Papst Johannes Paul IL zum Patron des Umweltschutzes und der Ökologie erhoben
worden ist2. Damit schlug die Kantorei nicht nur eine Brücke von Katholiken zu Protestanten,
sondern auch vom 13. ins 21. Jahrhundert, in dem uns die Bewahrung der Schöpfung dringend
aufgetragen ist. Helmut Reiner nannte die Auffuhrung mit der evangelischen Kantorei und dem
Freiburger Arundo-Ensemble „ eine begeisternde musikalische Laudatio "3. Sie war angekündigt
als „Festkonzert zum 350-jährigen Jubiläum der Franziskanerkirche". Die dabei aufgenommene
Video-CD trägt ebenfalls diesen Titel, der beweist, dass die heutige evangelische Kirche in
Kenzingen im Volksmund noch immer „Franziskanerkirche" genannt wird, und dies mit Recht,
denn sie ist auch heute noch gut als solche zu erkennen: von außen durch den schlichten Bau
mit dem Satteldach; darauf der Dachreiter mit der kleinen Glocke (denn Franziskaner hatten keine
Glockentürme); über dem Portal das typische franziskanische Wappen, das zwei überkreuzte
Arme zeigt: der eine Arm ist unbekleidet, der andere lässt den Ärmel der braunen Kutte erkennen
. Durch diese Überkreuzung wird die enge Christusnachfolge des Franziskus versinnbildlicht,
durch den entblößten beziehungsweise bekleideten Arm aber auch die Unterschiede: Jesus war
ärmer, ist nahezu nackt am Kreuz gestorben, Franz von Assisi hingegen bekleidet. Damit wollten
die Franziskaner sagen: „ Wir rücken unseren Ordensgründer nicht an Jesus heran, vergöttlichen
ihn nicht, wie einige (Lutheraner) uns vorwerfen, sondern wir behaupten nur die Nähe des Franziskus
zu unserem armen und gekreuzigten Herrn Jesus Christus. Ihm folgen wir nach, ihm wollen
wir gleichförmig werden (conformare)4. " Gerade die in Kenzingen ansässigen Observanten als
Reformzweig der Franziskaner wollten dem großen Anliegen der Reformation der Kirche dadurch
begegnen, dass sie Christus möglichst treu nachfolgten, sich ihm gleichförmig machten: Reformation
durch Konformation.

Tritt man dann durch das Portal in den Innenraum, eröffnet sich einem ein heller überwölbter
Raum, an dessen rechter Seite zur Straße hin die unbemalten Fenster das Licht hereinströmen
lassen, während die linke Seite fensterlos ist, da sich hier das Kloster anschloss, heute umgebaut
zu einem Altersheim. An der Stirnwand fällt das große Kruzifix mit Corpus auf, das noch aus der
Zeit der Franziskaner stammen könnte. An sie erinnert auch der rechte Seitenaltar, der dem heiligen
Antonius von Padua (1195-1231) gewidmet war. Dieser am meisten verehrte franziskanische
Heilige ist auf dem großen Altarblatt mit dem Jesuskind auf dem Arm dargestellt, im kleineren
Medaillon über ihm der Ordensvater Franziskus. Der linke Seitenaltar hingegen war der heiligen
Mutter Anna gewidmet. Vor allem aber dürfte der Besucher von der Ausmalung des Gewölbes
berührt sein, denn hier sieht er weder eine „Himmelfahrt Christi" noch eine „Aufnahme Marias in
den Himmel" noch sonst eine biblische Szene, sondern einfach nur Pflanzen, Blumen und Kräuter,
solche, die man botanisch bestimmen kann, aber auch unbestimmbare, phantastische oder der Mythologie
entlehnte. Gewiss ist eine solche Ausmalung mit Pflanzen auch in anderen spätgotischen
und barocken Kirchen zu finden, vornehmlich in solchen der Zisterzienser, dennoch nimmt sie
sich in dieser ehemaligen Franziskanerkirche als besonders passend aus, gilt doch Franz von Assisi
als überaus naturverbunden. Sein erster Biograf schreibt von ihm schon zwei Jahre nach dessen
Tod: „ Wie erheiterte doch seinen Geist die Blumenpracht, wenn er ihre reizende Gestalt sah und

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