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Die Brüder, die schon 1630 aus Tirol nach Kenzingen kamen, hier über Jahre an verschiedenen
Stellen wohnten, bis sie endlich eine „Residenz" - ein kleines Haus - bauen konnten, das nach
und nach zum Kloster mit Garten erweitert und am 11. Juni 1662 zum Konvent erhoben wurde,
waren also Reformaten. Dazu bekennt sich der spätere Ordenschronist Vigilius Greiderer, wenn
er in seiner zweibändigen „Germania Franciscana" sich als zum „ Ordo Minorum Reformatorum
Provinciae tyrolensis" gehörig vorstellt und sich an anderer Stelle auch „Minorita Reformatus"
nennt. Auf zwei Seiten beschreibt er den Werdegang von der Residenz zum „ Conventus Kenzin-
ganus ad S. Josephum berichtet von einem Noviziat in der Klosteranlage und seiner Zeit gemäß
von den Reliquien im dem heiligen Joseph geweihten Hochaltar und in den beiden Seitenaltären27.
Zu wissen, dass es reformierte Franziskaner waren, die sich in Kenzingen niederließen, kann der
evangelischen Gemeinde, die sich heute in ihrer Kirche versammelt, helfen zu begreifen, dass
es auch innerhalb des Franziskus-Ordens Reformbestrebungen gegeben hat, ähnlich jenen des
Augustinermönchs Martin Luther. Mit dem Unterschied jedoch, dass diese nicht aus der einen Kirche
hinausführten, sondern unter dem weiten Dach der römisch-katholischen Kirche verblieben,
ja sogar unter dem kleineren Dach eines Ordens. Dieser hatte sich die Befolgung des Evangeliums
nach der Art des Franz von Assisi auf die Fahne geschrieben und wusste deshalb darum, dass die
Kirche immer eine zu reformierende ist und man damit am besten bei sich selbst beginnt durch
ein Leben in Buße. Möge das Evangelium heute wieder zur einzigen Richtschnur werden für die
Christen, dann werden sie wahrhaft evangelisch leben und somit das Vermächtnis der reformierten
Franziskaner erfüllen.
Bildnachweise
Abb. 1: Inspirierte Freiheit. 800 Jahre Franziskus und seine Bewegung, Hrsg. von Nikiaus Küster, Thomas
Dienberg und Marianne Jungbluth. Freiburg, Basel, Wien 2009, S. 97.
Abb. 2: Fresko von Benozzo Gozzolo (1420-1497) in der Kirche (heute Museum) S. Francesco in Mon-
tefalco.
Abb. 3: Das Tafelbild wird dem Florentiner Maler Cimabue (ca. 1240-ca. 1302) zugeschrieben. Heute im
Querschiff der Basilica Santa Chiara, Assisi.
Abb. 4: Inspirierte Freiheit (wie Abb. 1), S. 183.
Abb. 5: Meister der Legende der hl. Ursula, um 1510. Köln, Wallraf-Richartz-Museum.
Abb. 6: Bamberg, Historisches Museum.
Abb. 7: Fresko in der Georgskapelle des Sacro Speco von Subiaco, römische Schule, 1228.
Abb. 8: Rom, Museo Francescano, Stampe V-G-18/1.
Abb. 9: Alemania Franciscana Antiqua. Ehemalige franziskanische Männer- und Frauenklöster im Bereich
der Oberdeutschen oder Straßburger Franziskaner-Provinz mit Ausnahme von Bayern. Kurze illustrierte
Beschreibungen, Bd 8. Hrsg. von Johannes Gatz, Ulm 1962, S. 223.
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