Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
32. und 33. Jahrgang.2012/2013
Seite: 65
(PDF, 62 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2013-32-33/0067
gen Wilhelmiten-Kloster "ir hulde tuon ihnen (und niemandem anderen) den Huldigungseid
schwören, und verpflichten sich, "der bruoder recht zu sagende", also die Rechte der
Mönchsbrüder als den Grundherrschaftsträgern aufzusagen28. Zur Bekräftigung wurde noch
notiert dass "wir", die Lehenleute von Oberried, "erteilen uffen unseren eyd alliu die recht"
des Hofbezirks mit den Rechten der Brüder des Klosters29. Die bäuerlichen Hintersassen
waren also verpflichtet, sich die Rechte zu merken und sie selbst am Gerichtstag aufzusagen,
aus dem Gedächtnis. Dies waren die Texte, die ins unmittelbare zeitliche Umfeld auch der
Andlauer Hofrechte datiert werden konnten. Ein etwas späterer Text, der das Verfahren etwas
ausführlicher erwähnt, betrifft die auf Veranlassung des Benediktinerklosters St. Peter
1326 erstmals aufgezeichneten Dinghof-Rechte in Günterstal30. So im Wortlaut, wie die die
Dinggerichtsteilnehmer es dem Repräsentanten des Klosters mündlich mitgeteilt hatten, sei
nunmehr aufgezeichnet worden: Wie "die erbarn lüt [...] einhelliclich hand geseit und us-
ser iren munden geschriben"31. Es seien dies die "Rechte(n)" und "Gewohnheiten", die man
jährlich verkünde und seit Langem schon vorher verkündet habe (wieder im Original: "von
alter dahar kindet hett in unserem dinkhoff do unssers gotzhus lüt die in denselben dinkhoff
hören" [gemeinsam zugegen seien], "so wir gedinge haben"). In der Deklaration, in der formulierten
Überzeugung der an der Niederschrift Beteiligten hatte der Text demnach in ihrem
Gedächtnis bereits existiert32. Und auch hier: Dieses Verkünden geschieht nicht irgendwann
und beliebig, sondern eben an ganz bestimmten Terminen zu gleichzeitig stattfindenden, ganz
bestimmten Versammlungen im Jahr, nämlich am "gedinge ", dem Dinggericht, am "naechsten
guotentag nach sant weltinstag", am 17. Februar 1326, dem Tag des Hornung-Dinggerichts.

Für uns ist hier wichtig, dass (a) sowohl von "Rechten " wie auch von "Gewohnheiten " die
Rede ist, und dass es (b) nicht nur in diesem Entscheidungsfall, sondern üblicherweise und
schon seit jeher Bauern gewesen seien, die auf der Dingversammlung die Rechte aufzusagen
oder darüber auszusagen hatten. Das steht so explizit in den anderen Texten nicht vermerkt,
auch im Andlauer Text über Kenzingen nicht.

Es kann dabei für uns heute in quellenkritischer Aufmerksamkeit keineswegs sicher sein, dass
tatsächlich genau dieselben Bestimmungen in genau demselben Wortlaut, wie sie gefühlt seit
langer Dauer schon bestanden hatten und alle Jahre vorher schon geglaubt so mit genau diesen
Formulierungen und diesem Inhalt vorgetragen worden waren, dann auch so aufgeschrieben
worden sind. (Und ob nicht doch zu genau diesem Anlass ein bereits verschrifteter, gegebenenfalls
bereits in lateinischer Sprache vorliegender Text auf der fraglichen Versammlung mitgebracht
und abgefragt wurde, können wir heute einfach kaum mehr empirisch nachvollziehen
und entscheiden33.) Die Auffassung der damals Beteiligten aber drückt das so aus - dieses
"Von-Alters-her", dieser Ausweis des bereits Gewohntseins, die Versicherung also, dass man
die Rechte nicht ganz neu gesetzt, sondern aus der übereinstimmenden Tradition der bäuerlichen
Sprecher heraus gefunden habe, das steht hier, und genau das festzuhalten, daraufhat man
offensichtlich Wert gelegt, das scheint zur Charakterisierung und weiter zur Legitimierung des
Textes notwendig gewesen zu sein. Wer nun vor allem darauf Wert gelegt hat, der Schreiber
oder eine der Herrschaftsseiten oder die bäuerlichen Vertreter selbst, geht aus dem Text nicht
hervor, indessen wäre das auch eine eher politische oder rechtshistorische Frage.

Wir wollen hier in unserer Problemstellung jedoch zunächst einmal weiterfragen, ob es
Hinweise gibt, durch die diese Aufgabe oder die Pflicht von illiteraten bäuerlichen Teilnehmern,
auf den Dingversammlungen Rechtsansprüche überhaupt zu rezitieren, als bereits langdauernd
üblich bestätigt wird. Ferner wird noch zu eruieren sein, wer, welche Personen, denn auf

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