Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
32. und 33. Jahrgang.2012/2013
Seite: 68
(PDF, 62 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2013-32-33/0070
Gerichtszeiten kann die Äbtissin zwei Fuder "Bannwein " ablegen, und während dieser Zeit
darf niemand anderer Wein verkaufen. Wenn dieser Wein in den 14 Tagen Frist nicht abgesetzt
ist, wird er den Bauern nach Hause gebracht. Lehnen diese den Wein ab, wird er ihnen hinter
den Herd geschüttet, und der Bannwart zieht dafür sofort ein Pfand ein42 (das heißt mit anderen
Worten, es findet ein Zwangsverkauf zugunsten des Klosters statt; hierzu wäre zu bemerken,
dass diese Bannweine oder Zehntweine aus den diversen Abgabeleistungen der Winzer in ein
sehr großes Fass beim Klosterkellner einfach zusammengeschüttet wurden und deshalb nicht
immer das geschmacklich bestmögliche Getränk dabei entstand). Achtens, die Eigenleute des
Klosters (die "Gotteshausleute ") haben den Todfall zu entrichten (der "Todfall" war eine Art
Erbschaftssteuer, bestehend etwa aus dem besten Rind oder Pferd des Anwesens, falls ein Mann
gestorben war, oder etwa das beste Kleid, falls eine Frau gestorben war). Neuntens, der Äbtissin
werden bestimmte Holzeinschlagrechte und Waldrechte bei Bahlingen und bei Sexau zugesprochen
, und 17 Schweine des Klosters dürfen in bestimmten Waldstücken zehren. Außerdem hat
das Kloster dort eine Bannmühle (wahrscheinlich war eine Ölmühle gemeint, da in dem Artikel
von "akeram ", also von Bucheckern und Nüssen die Rede ist). Zehntens, den Vogtherren, in
diesem Fall also den Grafen von Osenberg43, werden bestimmte Rechte zugesprochen: Der Vogt
soll und darf zur Gerichtsversammlung kommen "mit einem rittere unde mit drien knehten, mit
vunf pferden unde mit einem rosse mit eim habiche unde mit zwein winden, unde sol ime diu
ebtizhin, ebe si da ist, ze essende geben eins citigen swins unde ze trinkende einen amen wins,
der weder shimele noh hendige, unde den rossen ieclicheme eine sester vuoters, aber huobere
unde lehen luite sollent in howe [Heu] gebe, unde sol deme habiche ein huon geben "44.

Auch dies war im Zusammenhang einer personengebundenen Gedächtniskultur ein wichtiger
Satz: Der Vogtherr will und muss unbedingt mit den sichtbaren Zeichen seines Adelsstandes,
mit einem Raubvogel (hier einem mit Habicht, das klassische Symbol war der Falke) und zwei
Jagdhunden und mit Begleitschutz zum Dingversammlungstag erscheinen. Die Grundherrin
hingegen hatte für das Festmahl, das dem Dinggericht folgte, zu sorgen. Und das war nicht
wenig: Ein ganzes ausgewachsenes Schwein sowie ein Ohm-Maß mit Wein wurde gestiftet, das
war eine Wanne mit immerhin etwa 150 Litern Inhalt. Regelungsbedarf bestand offensichtlich
auch bei der Verpflegung der Tiere, denn die Fütterungsleistung der Bauern gegenüber dem
Vieh des Vogtherrn bedeutete gleichzeitig die Anerkennung des herrschafts- beziehungsweise
Untertanenverhältnisses. Dem Vogt gehören, elftens, ein Drittel der Gebühren, und er richtet
über Diebstahl, "Frevel" und sonstige Vergehen, die der Schultheiß nicht abhandeln darf.
Zwölftens, der jeweilige Schultheiß bekommt die anderen zwei Drittel der Gebühren. Er eröffnet
in Abstimmung mit den Bauern die Erntezeit {"Schneiden" und "Lesen"). Dreizehntens:
Speziell der Schultheiß von Kenzingen darf, wenn Schweine aus dem Besitz anderer Leute
in den Kenzinger Wald zur Eckernmast getrieben werden, Gebühren dafür einziehen; auch
über einen Teil der Eckern/Nüsse in Ottoschwanden darf er verfugen bis "sancte Andres mes "
(also bis 30. November). Vierzehntens, ein Schultheiß (oder ein "Kellner") braucht keinen
Frondienst und auch keine besondere Steuer zu leisten (in die Sammelabgaben der jeweiligen
Gemeinde ist er, als Bauerngutbesitzer, allerdings einbezogen). Fünfzehntens, in jedem
Dinghof (Gerichtshofstelle) hatte ein Arrestlokal zu stehen, in das gefangene Diebe gebracht
werden; bewacht wird es vom Bannwart sowie von den "Hubern " und "Lehenleuten ", bis
der Dieb vor Gericht gestellt werden kann. Sechzehntens, im Hof kann jemand Frieden (vor
gewaltsamer Verfolgung) suchen; verfolgt ihn ein anderer in den Hof hinein, so kann dieser
vom Vogt an Leib und Gut gestraft werden. Siebzehntens, freilaufendes, herrenloses Vieh soll
in den (Gerichts-)Hof getrieben werden, und dafür, dass der Schultheiß auf diese Tiere aufpasst,

68


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2013-32-33/0070